Rezension

Was komplett anderes erwartet

Das Hospital von Barcelona - Tania Juste

Das Hospital von Barcelona
von Tania Juste

Bewertet mit 2 Sternen

Der Klappentext verspricht etwas völlig anderes, was man vom Buch bekommt. Die drei Protagonisten Maria, Lluis und Aurora stehen nicht im Mittelpunkt der Geschichte. Stattdessen sind sie nur drei Figuren von vielen. Durch die Masse an Personen werden diese nur oberflächlich dargestellt, ihr Leben verfolgt man nur stückchenweise. Oft waren entscheidende Momente im Leben der Figuren nicht mitzuerleben, sondern sie wurden nur kurz erwähnt, um den Leser auf den aktuellen Stand zu bringen, denn es gibt viele und große Zeitsprünge. Nach diesen wird kurz in Form einer Nacherzählung aufgeführt, was in all den Jahren denn passiert ist. Dadurch wirken die Szenen und Ereignisse aneinander gestückelt und es fehlt der rote Faden in der Handlung.

Der Fokus des Buches liegt auch nicht auf der Medizin oder dem Medizinstudium von Aurora (Das Studium wird nur in ein paar Sätzen erwähnt). Es treten ab und an medizinische Erläuterungen und die Behandlung von Patienten auf, aber weniger häufig, als ich mir gewünscht und erwartet hatte. Stattdessen werden in aller Ausführlichkeit der Bau und der Umzug des Hospitals von den alten in die neuen Räumlichkeiten erläutert, was sich noch dazu manchmal wiederholt.

Schade, dass die Autorin so viel Potenzial verschenkt hat, denn zunächst hat mir das Buch gefallen. Man lernt Lluis und Maria in der Kindheit kennen. Die Figuren werden tiefgründig gezeichnet und man baut eine Beziehung zu ihnen auf. Es kommt mehr „echte“ Handlung vor, man ist bei den Ereignissen dabei und sie werden nicht im Nachgang kurz erzählt. Einige Aspekte sind sogar ganz interessant. Zum Beispiel Lluis Bildhauerei oder dass eine der Figuren homosexuell ist. Aber leider findet letzteres kaum Beachtung in der Geschichte. Nach circa einem Drittel wird das Buch immer langweiliger und anstrengender zu lesen. Ich musste mich regelrecht zwingen, es zur Hand zu nehmen. Das Ende ist zu glatt und sehr vorhersehbar. Spannung und Überraschungen fehlen in der Handlung.

Erschwert wird das Lesen aufgrund der ständigen Perspektivwechsel. Diese erfolgen abrupt ohne Kennzeichnung oder Name, sodass man nicht vorher weiß, dass die Sichtweise gleich gewechselt wird oder in welcher man sich dann befindet. Ich habe lange gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt hatte.

Die Autorin verzettelt sich in zu vielen Perspektiven, zu vielen Personen, sehr ausufernden Beschreibungen zum Bau des Hospitals und den ausführlichen Erläuterungen zu den politischen Verhältnissen. Sie hätte sich lieber auf wenige Protagonisten beschränken und die anderen Charaktere zu Nebenfiguren machen sollen. Denn die Personen haben durchaus Potenzial für eine spannende Geschichte. Sie sind unterschiedlich, haben verschiedene Interessen und Charakterzüge, werden aber leider nicht tiefgehender dargestellt. 

Fazit:

Im originalen Klappentext wird klar, dass der Fokus auf dem Krankenhaus liegt und die drei Personen im deutschen Klappentext nur eine kleine Rolle spielen, wie alle Figuren der Geschichte. Hätte ich das Original gekannt, hätte ich das Buch wohl gar nicht gelesen. Denn auch ohne falsche Erwartungen ist das Buch für mich nicht gut gewesen. Die Beschreibungen des Krankenhausbaus und der politischen Verhältnisse nehmen einen zu großen Raum in der Geschichte ein. Die Figuren und deren Leben, Einstellungen sowie Gefühle sind stattdessen zu oberflächlich, sodass man nicht mit ihnen mitgefühlt oder mitgefiebert hat. Durch die langen Zeitsprünge und das Überspringen von interessanten Ereignissen kommt keine Spannung auf. Das vorhersehbare Ende konnte auch nichts mehr an dem negativen Eindruck ändern.