Rezension

Was macht dich glücklich?

Teo - Lorenza Gentile

Teo
von Lorenza Gentile

Bewertet mit 3.5 Sternen

In ihrem Debütroman "Teo" erzählt Lorenza Gentile die Geschichte des achtjährigen Teo, dessen Familie zerbricht. Vor anderen Leuten lächeln seine Eltern immer. Wie bei den Schulaufführungen, wo man so tun musst, als wäre man jemand, der man nicht ist. Aber wenn der Vorhang gefallen ist und seine Eltern zuhause sind, dann sprechen sie fast nicht mehr miteinander, ohne laut zu werden, zu fluchen und Türen zu knallen. Teos Vater hat ihm einmal erklärt, dass man nur für das kämpft, was man sich wirklich wünscht. Und was ist es, das Teo sich wirklich wünscht. Mehr Spielzeug? Ja, aber eigentlich spielt er mit dem was er hat noch nicht mal. Besser in der Schule werden? Klar, aber irgendwann könnte man es auch satt haben ein Streber zu sein. Aber es gibt etwas, was er niemals satthaben würde, wenn seine Familie, wenigstens ein bisschen glücklich wäre. Das ist Teos größter Wunsch. Gut, dass es da Napoleon gibt! Den Meisterstrategen, der wird bestimmt eine Idee haben wie man seine Familie retten kann… Aber wie kann er mit ihm in Kontakt treten, wenn der doch längst tot ist und man ihn nicht mal eben schnell anrufen kann? Und an diesem Punkt fasst Teo einen unfassbaren Plan, er beschließt zu sterben…

Napoleon brauchte ganze Armeen um Länder zu erobern. Teo brauchte nur sich und sonst nichts um mein Herz im Sturm zu erobern! Wie er mit einer messerscharfen Beobachtungsgabe sein Umfeld wahrnimmt und vor allem sein Gespür für Verletzlichkeit, für Trauer, fürs Unglücklichsein! All das sind eigentlich Dinge, die für einen achtjährigen Fremdwörter sein sollten, mit ihnen sollte er keine Gefühle oder Erinnerungen verbinden. In seinem Alter sollte Teo sorgenfrei durch die Gegend streifen und keine Grenzen kennen. Aber Teo kennt seine Grenzen zu gut, es ist ihm nicht möglich, seiner Familie wieder das zu geben, woran man eigentlich bei dem Wort Familie denkt: Harmonie, Nähe, Liebe, Wärme, Kommunikation. Aber Teo ist keine „feige Rotznase“! So darf ihn keiner nennen. Niemals! Denn er ist mutig und das wird er beweisen. 

Lorenza Gentile erschafft mit Teo einen Nachhilfelehrer für Erwachsene. Was sie ihn unterrichten lässt? Wesenszüge, so rein und klar wie Kinderseelen. All die Dinge, die wir bei dem Versuch schnell erwachsen zu werden verlernt haben. In der ersten Stunde steht Mut auf dem Lehrplan. Teo ist auf eine so unfassbar selbstlose Art und Weise mutig. Er ist nicht mutig für sich, sondern für diejenigen, die er liebt. Im Anschluss gibt es dann eine Lerneinheit Neugierde, denn wenn man Teo begleitet, dann wird man viel feinfühliger, man hört und sieht viel genauer hin. Man fragt nach und guckt ein zweites Mal hin, weil man begreifen möchte. Dieser nie endende Durst die Welt zu erkennen und das was sie im Innersten zusammenhält. Und dann stellt Teo Fragen, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. 

Lorenza Gentile lässt Teo seine eigene Geschichte erzählen. Lässt den Leser die Welt durch seine Augen sehen. Durch die Augen eines Kindes, die nichts beschönigen, verschleiern oder lügen. Der Stil des Buches ist daher wie Teo selbst, neugierig, nicht verschnörkelt und einfach. Aber gerade diese Einfachheit ist entwaffnend und deckt eine ungeheure Brutalität auf. Nämlich was passiert, wenn eine Familie auseinander bricht und welche Risse dies in dem Fundament einer Kindheit hinterlässt. 

Teos Reise zu Napoleon ist philosophisch, tiefgründig, aufwühlend, aber nie bedrückend! Wenn man das Buch zuklappt, dann hat man Teo unzählige Male umarmt und ihm zigmal gedankt, für all die Scheuklappen die er einem von den Augen genommen hat, für all die Fragen, die er gestellt hat und die noch in einem nachhallen und dafür das er als kleiner Junge so ein Vorbild sein kann.