Rezension

Was Wandern mit Philosophie zu tun hat

Vom Glück des Wanderns - Albert Kitzler

Vom Glück des Wanderns
von Albert Kitzler

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wandern und Denken haben etwas Meditatives. Beide sind Formen des Unterwegs – Seins, Ausdruck und Abbild unseres Lebens, der Wegstrecke zwischen Geburt und Tod. Jeder Schritt auf diesem Weg eröffnet eine neue Perspektive, mit jedem Schritt verlassen wir einen Ort und betreten einen neuen, schreiten fort ins Unbekannte...“

 

In seinem Buch bringt der Autor die beiden Aspekte, die im Eingangszitat angesprochen werden, zusammen. Einerseits zeigt er auf, wie das Wandern Körper und Geist beeinflusst, andererseits führt er mich gedanklich tief in die klassische und in die fernöstliche Philosophie.

Nach der Einführung beleuchtet er in 14 Kapiteln, wie man zu einem ausgeglichenen und zufriedenen Leben finden kann und welche Rolle das Wandern dabei spielt.

Es beginnt damit, dass er Beispiele dafür anführt, welche unterschiedlichen Bedeutungen das Wort „Weg“ in Philosophie und Literatur hat. Die Ableitung von Wandeln, Wenden und Bewegung werden anhand vieler Zitate belegt. Eines davon lautet:

 

„...Du musst den Weg gehen, um zu erfahren, ob es der richtige ist...“

 

Anschließend erfahre ich, wie besondere Wanderungen das Leben das Autors und seine Entscheidungen beeinflusst und verändert haben. Der erste Satz dieses Kapitels ist nicht nur Einleitung, sondern auch Leitfaden für viele folgende Seiten:

 

„...Das Glück des Wanderns rührt daher, dass Wandern für Leib und Seele ein Gesundbrunnen ist...“

 

Wandern führt dazu, das wir uns selbst besser kennenlernen, uns seelisch erholen und Maß und Mitte finden. Auf diese Aspekte legt der Autor viel Wert, deshalb werden sie auch an verschiedenen Stellen wiederholt. Gleichzeitig stehen viele Aussagen des Autors diametral zur heutigen Lebenswirklichkeit. Das drückt sich in der folgenden Frage aus:

 

„...Warum lässt der Mensch es zu, dass die kurze Spanne seines Lebens dahineilt in Ärger, Angst und Sorge?...“

 

Er preist das Wandern als Möglichkeit, aus dem Alltag auszusteigen, neue Inspiration und innere Ruhe zu finden. Gelassenheit und Duldsamkeit werden als Werte dargestellt, die zu Ausgeglichenheit und Zufriedenheit führen.

Gegen Ende des Buches wendet sich der Autor unserer eigenen Endlichkeit zu. Die Natur zeigt uns den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen, von Flüchtigkeit und Vergänglichkeit.

Während in den meisten Abschnitten das einsame Wandern thematisiert wird, geht es zum Schluss des Buches um ein gedeihliches Miteinander und den freundlichen Umgang im Lebensumfeld.

Viele Gedanken zeigen Parallelen zur christlichen Religion. Der Unterschied besteht darin, dass der Autor der Meinung ist, dies aus sich heraus schaffen zu können.

Der Schriftstil des Buches ist ausgereift. Die philosophischen Darlegungen erfordern Konzentration und den Willen, mitzudenken. Das Lesen braucht Zeit, um die Gedanken verfolgen zu können. Gleichzeitig ermuntert der Text dazu, das eigene Leben an den Aussagen zu reflektieren. Dabei kann es durchaus passieren, dass man an der einen oder anderen Stelle eigene Prämissen setzt, denn es fließt Lebenseinstellung und Lebenserfahrung mit ein.

Gut gefallen haben mir die vielen anschaulichen Beispiele, kurzen Geschichten oder Legenden, die in die Abhandlungen integriert wurden. Sie dienen zur Vertiefung und Veranschaulichung des theoretischen Ausführungen.

Zu jedem Kapitel gibt es eine kurze und prägnante Zusammenfassung.

Ein ausführliches Literaturverzeichnis, Leseempfehlungen, Daten der zitierten Philosophen und ausführliche Anmerkungen ergänzen das Buch.

Ich kann das Buch nur jeden empfehlen, der sich einmal auf besondere Weise mit der Philosophie auseinandersetzen möchte.