Rezension

Was wirst du vermissen?

Das Licht der letzten Tage - Emily St. John Mandel

Das Licht der letzten Tage
von Emily St. John Mandel

Das Licht der letzten Tage ist kein typischer postapokalyptischer Roman, indem es um's Überleben geht. Es ist vielmehr ein Roman über das Leben selbst. Darüber, wie es sich verändert, weil man selbst und andere sich verändern, weil die Welt sich verändert. Weil vieles anderes läuft, als man es ursprünglich geplant hat. Und um diese Veränderungen zu verdeutlichen, um zu zeigen, wie zerbrechlich die Welt sein kann und wie unsicher die Zukunftspläne, die man geschmiedet hat, wurde eine Welt gewählt, in der 99% der Menschen von einem Virus ausgelöscht wurden: die Georgische Grippe. Die Infizierten selbst spielen eigentlich keine große Rolle, der Roman spielt hauptsächlich vor und lange nach Ausbruch der Grippe. 

Den Plot zusammenzufassen ist schwierig, weil er nicht chronologisch erzählt wird. Die Autorin springt ständig in den Zeiten und Perspektiven, was ab und an verwirrend war. Da ist beispielsweise Arthur Leander, ein Schauspieler, der berühmter geworden ist, als er je zu träumen gewagt hat. Da ist seine Frau Miranada, deren größte Leidenschaft ihre eigene Comicreihe Doctor Eleven ist. Der erste Band heißt übrigens Das Licht der letzten Tage. Da ist Elizabeth, Arthurs zweite Frau, und ihr gemeinsamer Sohn Tyler, die glauben, dass Gott die Grippe geschickt hat und dass sie auserwählt sind, weil sie überlebt haben. Da ist Kirsten, die acht Jahre alt war, als die Grippe ausbrach, und die Arthur Leander hat sterben sehen. Die nun 28 Jahre alt ist und mit der Synphonie durch das Land zieht und vor den Überlebenden Shakpespearestücke spielt. Unnd da sind die Bewohner des Flughafens Severn City, die am Tage Null dort gestrandet sind und ihn seitdem nicht verlassen haben. 

Nach und nach erfährt man, was mit den einzelnen Figuren innerhalb dieser zwanzig Jahrre seit Ausbruch der Grippe passiert ist, wie sie vorher gelebt haben, wie sich ihr Leben verändert hat. Wie sie versuchen zu vergessen, was sie alles verloren haben. Und ebenso erfährt man nach und nach, was die Figuren miteinander zu tun haben, woher sie einander kennen. Wenn man sieht, wer durch welche Umstände wen getroffen hat, kann man nur denken: "Die Welt ist ein Dorf". Immer noch. 

Das Licht der letzten Tage ist ein sehr ruhiges Buch. Die verschiedenen Zeitebenen werden immer wieder durch ein Interview zwischen einem Reporter und Kirsten durchbrochen. Es ist nicht spannend im klassischen Sinne, weil man bereits weiß, wer im Jahre 20 noch lebt. Es geht vielmehr darum zu sehen, wie sich die Menschen durch die Katastrophe verändert haben. Wer sie früher waren und wer sie jetzt sind. Da ist beispielsweise eine Mann, der früher Paparazzo war und jetzt, im Jahre 20 nach der Grippe, versucht Leben zu retten. Und es geht darum, was die Menschen vermissen, wenn es nicht mehr da ist. Reisemöglichkeiten. Nahrungsmittel. Unterhaltung. Spielzeug. Fotografien. Kunst. Die Liste ist endlos. Es geht darum, einen neuen Sinn im Leben zu finden. Denn - dieses Zitat zieht sich durch das ganze Buch - "Überleben allein ist unzureichend". 
Zwischendurch ist es langatmig, zwischendurch ist es verwirrend, aber trotz allem hatte es etwas an sich, sodass ich weiter lesen wollte. 
 

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