Rezension

Weder ein leichter Stil noch leichte Kost

Apeirogon - Colum McCann

Apeirogon
von Colum Mccann

Bewertet mit 3.5 Sternen

Wegen dem ungewöhnlichen Schreibstil, mit dem ich leider nicht wirklich warm geworden bin, vergebe ich eher 3,5 Sterne. Geschichte = Wahnsinn!

Inhalt:
„Rami Elhanan und Bassam Aramin sind zwei Männer. Rami braucht fünfzehn Minuten für die Fahrt auf die West Bank. Bassam braucht für dieselbe Strecke anderthalb Stunden. Ramis Nummernschild ist gelb, Bassams grün.

Beide Männer sind Väter von Töchtern. Beide Töchter waren Zeichen erfüllter Liebe, bevor sie starben. Ramis Tochter wurde 1997 im Alter von dreizehn Jahren von einem palästinensischen Selbstmordbomber vor einem Jerusalemer Buchladen getötet. Bassams Tochter starb 2007 zehnjährig mit einer Zuckerkette in der Tasche vor ihrer Schule durch die Kugel eines israelischen Grenzpolizisten. 

Ramis und Bassams Leben ist vollkommen symmetrisch. Ramis und Bassams Leben ist vollkommen asymmetrisch. Rami und Bassam sind Freunde.

Apeirogon: eine zweidimensionale geometrische Form mit einer gegen unendlich gehenden Zahl von Seiten. 

Während "Apeirogon" nach und nach seine nahezu unendlichen Seiten auffächert und die beiden Männer in seiner Mitte rahmt, entfaltet sich der Palästinakonflikt in seiner ganzen Historie und Komplexität. Dies ist Colum McCanns überwältigendes Meisterwerk - ein Roman, der das Unbeschreibliche sinnlich und sinnhaft erfahrbar, greifbar macht. Ein kaleidoskopischer Text stellt die zeitlose Frage: Wie leben wir weiter, wenn das Liebste verloren ist? Und: Wie kann der Mensch Frieden finden? Mit sich selbst, mit anderen.

 

Schreibstil/Art:
Dieses Buch ist einzigartig und sonderbar. Kurze, effektvolle Sätze spiegeln die Gedankengänge sowie die Gefühle der Protagonisten sehr gut wieder. Manche Sätze sind so voller Bedeutung, dass gar nicht mehr Worte benötigt werden, um die Tiefsinnigkeit, ehrlich und gefühlvoll zu vermitteln. Die Traurigkeit über den Verlust der beiden Töchter ist stellenweise kaum zu ertragen, so dass man selbst mit den Tränen kämpft. Wenn Betroffene über ihre Verluste reden, ist es nie einfach.

Die Erzählung ist eine Kombination aus fiktiven Details, die mit einige Fotos verfeinert worden ist und auf wahren Begebenheiten basiert. Der Stil weicht völlig von der Norm ab und bleibt im Gedächtnis. Landestypische Begriffe werden gut erklärt. Dialoge sind sind ab und zu in den Fließtext eingebunden und nicht in Anführungszeichen gesetzt.

 

Fazit:
Puh - ein Buch das fordert und wirklich anspruchsvoll ist. Manche Momente werden immer und immer erwähnt, dessen Bedeutung sich aber auch von mal zu mal mit ändert. Dieses Mittel ist mir neu, weil sich durch viele logische Fakten auch die eigene Meinung nicht nur einmal ändert. Oft wird auch einfach ein Thema angerissen und erst viel später wieder weitererzählt.

Viele weise, belehrende Worte machen nachdenklich, rütteln wach und erwecken die Traurigkeit in einem aber auch die Lebenslust zugleich. 

Dieses Buch ist ein Konstrukt aus vielen Einzelstücken, das am Ende einheitlich wird. Für anspruchsvolle Leser empfehlenswert, ich bin leider mit dem Schreibstil nicht wirklich warm geworden und hatte wirklich lange zu kämpfen. 

„… Was dir zuwider ist, das tu auch deinem Nächsten nicht.“