Rezension

Weit ist die Prärie ...

Butcher's Crossing - John Williams

Butcher's Crossing
von John Williams

Bewertet mit 5 Sternen

~~Am Ende des Buches und damit auch der Reise wünsche ich mir irgendwie, letztere noch einmal ganz frisch und unvoreingenommen angehen zu können ... noch einmal die Weite, die Monotonie, den Saub der endlosen Prärie vor mir zu haben; den Zauber und die Unberührtheit der Bergtäler; die schier endlose Zahl der großen Büffel.

Inhalt:

Im Jahr 1870 gelangt der naive, träumerische Will Andrews in das völlig verschlafene Nest Butcher's Crossing irgendwo im Nirgendwo der weiten Prärie Amerikas. Er möchte die Natur im Ursprung erleben und dabei seinem eigenen urinnersten Sein auf die Spur kommen. Dort trifft er auf Miller, einen von Unruhe getriebenen Mann, der ihm anbietet, mit ihm und einigen anderen Männern auf Büffeljagd zu gehen, abseits der üblichen Jagdgründe. Andrews willigt ein, und die abenteuerliche und entbehrungsreiche Tour nimmt ihren Lauf ...

Meinung:

Am Ende des Buches angelangt, bin ich nach wie vor verzaubert, traurig, platt. Es ist, als hätte ich diese Reise selbst erlebt, wäre mit diesen vier Männern geritten, hätte Staub geschluckt, Durst ertragen, die unendliche Weite des Landes gesehen. Der Autor vermag es wahrhaftig, den Leser in die vergangene Pionierzeit Amerikas zu entführen und ihn verstehen zu lassen, warum es so viele Abenteurer in diese gottverlassenen Ebenen zog: Es gab so viel zu gewinnen - aber auch so viel zu verlieren.

Obwohl in diesem Roman nicht wahnsinnig viel passiert (hauptsächlich sind die Männer in der amerikanischen Weite unterwegs), war das Leseerlebnis ein äußerst intensives, zum einen wegen der großartigen Naturbeschreibungen, zum anderen aber auch aufgrund der Figuren. Dabei kann ich nicht einmal sagen, dass ich eine der Protagonisten wirklich sympathisch fand! Aber da die Personenanzahl im Buch sehr überschaubar war, bekam ich auch einen engen Bezug zu den vier Männern und ihren Intentionen. Noch immer denke ich über einzelne Motive, Schicksale und Ereignisse nach.

Der dramarturgische Handlungsablauf ist derart gestaltet, dass man als Leser weiß, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt zu dem abgekündigten Aufeinandertreffen zwischen Büffeln und Jägern kommt. Ich gestehe, ich hatte Angst vor diesem Ereignis. In vielen Rezesionen steht, dass das Abschießen der Büffel grausam und brutal war. Das stimmt zwar, aber zum Glück nicht auf die bildhafte Weise, sondern eher in Bezug auf die maschinenartige, gleichgültige Herangehensweise der Männer.

Insgesamt lässt das Buch viel Raum für Interpretationen. Es kann als Parabel für die Gier und Zerstörungswut des Menschen gelesen werden, für den Verlust der Unschuld und das Schuldigwerden an Geschöpf und Schöpfung. Es kann aber auch als Parabel für das Scheitern von Träumen aufgefasst werden, für das böse Erwachen aus einem allzu süßen Schlaf am Ende.

Fazit:

Ein Roman der eher leisen, aber kraftvollen Worte und Töne, der den Leser die Faszination der weiten Prärie Amerikas miterleben lässt. Wer ein Setting aus dem Wilden Westen erwartet, sei hier allerdings gewarnt. Hier geht es um Mensch und Natur.

5 von 5 Sternen