Rezension

Weiter geht es mit Atlantas ersten schwarzen Polizisten - 1950

Weißes Feuer (Darktown 2) - Thomas Mullen

Weißes Feuer (Darktown 2)
von Thomas Mullen

Bewertet mit 5 Sternen

Der Hintergrund

Die Einführung einer kleinen Truppe schwarzer Polizisten 1948 in Atlanta war ein simples Wahlgeschenk. Die Stimmen schwarzer Wähler sicherten William B. Hartsfields Wiederwahl als Bürgermeister, im Gegenzug sollte das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung in rein schwarzen Vierteln durch die zehn „Negro Cops“ befriedigt werden. Zwei Jahre später wird die Arbeit der jungen Polizisten noch immer durch unzumutbare Arbeitsbedingungen und die Hierarchie eines rassistischen Systems boykottiert. Selbstständig ermitteln dürfen die Negro Cops nicht, Weiße verhaften sowieso nicht. Ob in einem  ihrer Fälle überhaupt weiter ermittelt wird, liegt im Ermessen ihrer weißen Kollegen. Jeder Arbeitstag ist ein Kampf um den Respekt bei Bürgern und Kollegen, für die ein Schwarzer in Uniform noch immer eine unerhörte Zumutung zu sein scheint.

Inhalt

Obwohl die Prohibition längst abgeschafft ist, sind kurz nach dem zweiten Weltkrieg die Spirituosen-Gesetze im Staat Georgia noch immer streng, so dass sich Schwarzbrennen und Schwarzhandel lohnen. Lucius Boggs und Tommy Smith bekommen einen Tipp aus  dem Milieu. Das Ergebnis ihres Einsatzes ist ein toter Schnapsschmuggler, obwohl die beiden Polizisten keinen Schuss abgegeben haben. Boggs, Smith und ihr weißer Vorgesetzter McInnis haben offenbar in ein dichtes Nest aus krummen Geschäften korrupter Polizisten und der Unterwanderung der Polizei in Atlanta durch den Ku-Klux-Klan gestochen. Die Behinderung der Arbeit der Negro Cops durch weiße Kollegen dient ganz  direkt dem Schutz  deren illegaler Einkünfte.

Parallel zu diesen Ereignissen erlebt Boggs (der aus gutbürgerlicher Pastorenfamilie stammt) privat turbulente Szenen. Ähnlich geht es dem weißen Cop Danny Rakestraw. Er bekommt privat Druck von seiner Frau, möglichst schnell aus ihrem Stadtviertel wegzuziehen, nachdem dort bürgerliche schwarze Familien Häuser gekauft haben. Wenige Schwarze schmälern dort den Immobilienwert weißer Besitzer, die als „besorgte Bürger“ mit ihren Panikverkäufen die Spekulation um den knappen Baugrund anheizen und so Spekulanten die Taschen füllen. „Rake“ kann nicht ahnen, in welche Schwierigkeiten sein Schwager Dale ihn noch mit seiner Mitgliedschaft bei den Kluxern bringen wird. Mullen führt am Ende alle Handlungsfäden zu einem verblüffenden Finale zusammen.

Fazit

Thomas Mullen inszeniert in seinem zweiten Band über die „Negro Cops“ keinen einzelnen Kriminalfall, sondern zeigt in Rückblenden in die Zeit des Zweiten Weltkriegs, wie das komplexe Netz aus Rassismus, Korruption und Immobilienspekulation funktioniert in einer Stadt, die große Zahlen an Arbeitssuchenden kaum unterbringen kann. „Weißes Feuer“ ist zugleich Stadtgeschichte wie Kriminalroman. Der Roman eines ganzen Stadtviertels, dessen ehemals eindeutige Grenzen sich durch Zuwanderung verschieben und damit auch die Reviere von Dealern und Schutzgelderpressern in Bewegung setzen. Thomas Mullen zeigt sich als sensibler Beobachter, der Figuren differenziert charakterisieren und seine Szenen samt Geruch und Klang beeindruckend anschaulich vermitteln kann. Die ambivalenten Gefühle weißer Kollegen und schwarzer Bürger gegenüber den Negro Cops entlarvt Mullen dabei gekonnt.

Die Serie

Um sich in die sonderbare Situation von Polizisten ohne Kompetenzen, Dienstfahrzeug und Zugang zum  Archiv zu versetzen, empfehle ich hier, „Darktown“ zuerst zu lesen und sich mit den Lebensverhältnissen zur Zeit strenger Rassentrennung im Atlanta der 50er Jahre vertraut zu machen.

 

Die ersten schwarzen Polizisten Atlantas