Rezension

Welche Rolle spiele ich in meinem Leben?

Alexandra - Natasha Bell

Alexandra
von Natasha Bell

Alexandra, Künstlerin, Ehefrau und Mutter aus einer beschaulichen Kleinstadt in England, ist verschwunden.
Ihr Ehemann und die beiden Töchter, sowie alle Freunde sind am Boden zerstört. Als ihre blutigen Sachen am Flussufer gefunden werden, sucht die Polizei eigentlich nur noch ihre Leiche.
Doch Alexandra lebt, das erfährt der Leser von ihr selbst. Sie wird von jemandem, der nicht näher beschrieben wird, gefangen gehalten.
Über Monate hinweg erzählt sie uns nicht nur wie das Leben ihres Mannes ohne sie weitergeht, sondern auch Episoden aus der Vergangenheit. Wie sich das Paar vor 12 Jahren kennengelernt hat, wie der Familienalltag war. Die Spannung entsteht, weil man als Leser hofft den Grund für ihr Verschwinden selbst herauszufinden.
Angenehm verwirrend fand ich den Schreibstil. Alexandra erzählt die ganze Geschichte, sagt jedoch auch, daß sie lediglich raten kann was passiert ist. Sagt sie die Wahrheit? Sind die Ereignisse lediglich Wunschvorstehlungen?

Dieses Buch ist wirklich schwer zu beschreiben. Fast alles, worüber ich hier gerne schreiben möchte, würde so viel von der Story vorwegnehmen, daß es allen anderen den größten Spaß nur vermiesen würde.
Ich fand die Geschichte unglaublich spannend, die geheimnisvolle, scheinbar allwissende Erzählerin und Protagonistin war mir zwar am Ende keinesfalls sympathisch, trotzdem hat mich ihre Geschichte und ihre Weltansicht mitgerissen. Ich denke, daß dieses Buch zu den Romanen gehört, die mit Sicherheit polarisieren werden. Es ist einfach Alexandra am Ende für ihre Taten zu verachten, trotzdem ist die Story es wert, etwas länger über Themen wie Moral und Freiheit in der Kunst, Ansicht der Frau in der Gesellschaft, „regretting motherhood“ (zu deutsch: Bedauern der Mutterschaft), Ehe und Beziehungen nachzudenken.

Letztendlich, und dies war für mich das stärkste Thema, geht es um Lebenskonzepte und Wege. An mindestens einem Punkt in seinem Leben muss sich jeder die Frage stellen, wie möchte ich leben, welchen Weg werde ich einschlagen und was muss ich eventuell opfern. Man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen, und ich glaube, dass Alexandra ein Buch ist, welches uns dies ganz deutlich vor Augen führt.

Natasha Bell, die, wie sie selbst sagt, an diesem Buch über acht Jahre gearbeitet hat, hat hier einen starken Thriller abgeliefert, den ich nur weiterempfehlen kann.