Rezension

Welshs neuester Gesellschaftsspiegel: Wer wagt es, sich darin zu betrachten?

Das Sexleben siamesischer Zwillinge - Irvine Welsh

Das Sexleben siamesischer Zwillinge
von Irvine Welsh

Bewertet mit 4 Sternen

Als ich Welshs neuestes Werk im Regal der Mayerschen entdeckte und der Titel auch noch zur April Lese-Challenge („99 Bücher über Verwandtschaft“) passte, wanderte das Buch sofort in meine Einkaufstasche.

Und ich habe es nicht bereut. Welsh scheint reifer geworden zu sein. Denn es sind nicht mehr hauptsächlich Kraftausdrücke, mit denen er seine Leser empört, sondern die kompromisslosen Einstellungen seiner handelnden Charaktere. Zudem erscheinen letztere so real wie nie zuvor. Für mich war es neu, mich selbst so deutlich in Welshs ProtagonistInnen wiederfinden zu können. Ich bin gespannt, ob auch ihr beim lesen des Buches sämtliche Gefühle, die mit der Silbe „Selbst-“ beginnen, durchwandern werdet.

Die Handlung des Romans kreist um zwei Anfang Dreißigerinnen: eine toughe, attraktive Fitnesstrainerin und eine sensible, adipöse Künstlerin. Sehr geschickt offenbart der Autor mehr und mehr verbindende Elemente zwischen den beiden gegensätzlich wirkenden Frauen, bis schließlich …

Wie immer bei Welsh, ist der Weg durch das Buch, das Ziel. Drum werde ich hier nichts mehr verraten. Seid versichert: Falls ihr selbst lest, wird Welsh euch gefangen- und mitnehmen.

Fazit: Lesenswert für alle, die Lust darauf haben, ihren festgefahrenen Ansichten, Normen und Werten mal wieder einen Arschtritt zu verpassen. Da das Buch für mein Empfinden ein paar unnötige Längen aufweist und ich persönlich mir mehr schockierende Elemente von Welsh erhofft hatte, gibt es 4 von 5 Sternen.