Rezension

Weltklasse!!!

Die Seiten der Welt
von Kai Meyer

Furia Salamandra Faerfax lebt gemeinsam mit ihrem Vater Tiberius, dem kleinen Bruder Pip und drei Hausangestellten in den abgelegenen Tiefen der Cotswolds. Ihr riesiger Landsitz wurde auf einer riesigen Bibliothek erbaut, und so ist es kein Wunder, dass auch Furia den Büchern verfallen ist. Ihr Vater ist schließlich ein Bibliomant und auch in ihr zeigen sich starke Züge dieser Macht. Wenn sie nur endlich ihr Seelenbuch finden würde, das sie zur vollständigen Bibliomantin machen würde! Die ganze Familie leidet noch sehr unter dem Tod von Furias Mutter und jeder bewältigt die Trauer auf seine Weise: Furia flieht in die Bücher Siebensterns, dem Lieblingsautor der Mutter, ihr Vater zog sich sehr zurück und hat sich dem Kampf gegen die Entschreibung der Bücher verschrieben. Am meisten leidet jedoch Pip darunter, der seither eine schlimme Angst vor Clowns entwickelt hat und nur mit Clownschminke durch das Haus läuft, da er denkt, dass er so unerkannt bleiben kann. Da er keinerlei bibliomantische Züge aufweist, ist er meist auf sich allein gestellt, und nur dem merkwürdigen Chauffeur Sunderland gelingt es, dem Jungen ab und an seine Fröhlichkeit zurückzugeben.

Eines Tages findet Tiberius wieder ein “leeres Buch” und nimmt Furia mit, um es zu suchen. Diese leeren Bücher müssen zerstört werden, um die Entschreibung der Welt zu verhindern. Doch dann kommt es zu einer Katastrophe: Jemand scheint Furia und ihren Vater zu erwarten und es kommt zu einer Auseinandersetzung, bei der Tiberius schwer verletzt wird. Furia gelingt es mit Hilfe einer Unbekannten, den Vater wieder nach Hause zu bringen, wo er jedoch in den Armen der Tochter stirbt. Damit beginnt Furias Abenteuer jedoch erst richtig, denn jemand sehr gefährliches ist ihr auf der Spur. Als dann noch Pip entführt wird, heißt es schnell zu handeln. Eine spannende Reise in die Refugien beginnt und soll zu Furias größter Mission werden…

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Was kann man zu einem Buch sagen, das alles hat, was ein gutes Buch haben muss?? Ich glaube,Meisterwerk trifft es am besten! Kai Meyer ist ein wundervoller Roman gelungen, der von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln und begeistern versteht. Er entführt den Leser in Welten, von denen jeder Buchliebhaber nur träumen kann. Da ist einmal Libropolis, ein wahrer Traumort für Bücherliebhaber. Dort findet man alles rund ums Buch und auch jedes Buch was geschrieben wurde! Dort wachsen Bäume, an denen anstelle von Blättern Lesebändchen wachsen und aus Büchern gefallene Exlibri fristen ein trauriges Leben zwischen den Bibliomanten. Schnabelbücher werden aufeinander losgelassen in Wettkämpfen, die die heutige Vergnügungssucht nur zu deutlich darstellen. Bis eines der Bücher komplett zerstört ist, werden die armen Dinger aufeinandergehetzt. Doch eines kann gerettet werden. Wie? Lasst euch überraschen *grins*. Auch den Wald der toten Bücher mit seinen besonderen Bewohnern, denKallixen, besucht Furia während ihres Abenteuers. Dazu soll an dieser Stelle aber nicht mehr verraten werden!

In Bezug auf die Charaktere kann man nur sagen, dass Kai Meyer eine Fülle von liebevoll gezeichneten Persönlichkeiten präsentiert, die gemeinsam mit den Handlungsräumen ein absolut einzigartiges Werk ergeben. Auf der einen Seite haben wir Furia und ihre Familie – die Guten – die sich dem Kampf gegen die Entschreibung verschworen haben und somit auch Gegner der Akademie sind. Leider wird Tiberius schon sehr zeitig aus der Welt gerissen, sodass man nicht viel mehr von ihm kennen lernen konnte, als dem Fleiß in Bezug auf seine Arbeit und die Trauer um seine verstorbene Frau. Pip, der Angst vor Clowns hat und sich deshalb als einer von ihnen tarnt, steht mit seiner Trauer meist etwas allein da. Furia ist sehr fixiert auf ihre erwachenden Fähigkeiten, die sie eng an den Vater binden, doch Pip hat keine bibliomantischen Fähigkeiten und somit auch nicht diese besondere Verbindung zum Vater. Dennoch spürt man die Liebe zwischen allen Familienmitgliedern und auch den drei Hausangestellten Sunderland, Pauline und Wackford.

Neben den menschlichen Figuren begegnet man auch noch besonderen Haushaltsgeräten und Möbeln, die ein Eigenleben entwickeln: Sessel und Tischlampe werden zu ebenso nützlichen Begleitern und Helfern, wie die kleinen staubfressenden Origami in der Bibliothek.

Außer den Guten muss es natürlich innerhalb einer solchen Geschichte auch die Bösen geben und die begegnen uns gerade in den Refugien sehr häufig, bevor sie letztendlich auch die Menschenwelt stürmen. Dabei muss natürlich allen voran Die Umgarnte samt ihrer Kavaliere genannt werden, die es von der ersten Minute an erbarmungslos auf Furia abgesehen hat und den kleinen Pip in ihrer Gewalt hat. Doch sie ist nur eine Gefahr, auf das Furia während ihres Abenteuers trifft. Aber zum Glück findet man in Notsituationen oft Freunde fürs Leben. So ergeht es auch Furia, die in Libropolis auf Cat und Finnian trifft, die treue Begleiter in allen Lebenslagen werden sollen. Auch Severin, der treue Brieffreund aus der Vergangenheit spendet Trost und unterstützt Furia auf eine besondere Weise, die sich mancher Leser sicher auch wünschen würde!

“Sich zu mögen heißt, zu entdecken, dass man dieselbe Sprache spricht. Sich zu lieben bedeutet, in derselben Sprache zu dichten. Ich weiß nicht, ob wir schon miteinander dichten, Furia, aber zumindest schreiben wir ein Buch zusammen.” (Sevrin an Furia)

Das waren bei Weitem noch nicht alle Figuren, Orte und Besonderheiten des Buches, aber mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten! Die Seiten der Welt muss man selbst erkunden, um ihre Fülle und Vielseitigkeit erkennen zu können. Mann kann diese Welt kaum in Worte fassen, die Kai Meyer da kreiert hat. Einfach nur wundervoll! Ich möchte dieses Buch wirklich jedem Bücherliebhaber empfehlen, vielleicht findet so mancher darin ja sein Seelenbuch. In meinem Herzen hat es seinen festen Platz gefunden und ich glaube zu spüren, wie sich manch ein Seitenherz zu spalten beginnt und wie sich die wohlige Wärme der Bibliomantik in mir ausbreitet, wenn ich an diesen Lesegenuss denke.