Rezension

Weltklassiker, aber etwas langatmig

Frau Bovary
von Gustave Flaubert

Einen geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul. Aber einen geschenkten Roman, liest man eben. Als ich meinen neuen E-Reader bekam, war darauf schon dieser Weltklassiker vorinstalliert und konnte mich nur mittelmässig unterhalten.

Die Geschichte von Emma Bovary (zuvor noch Rouault) stützt sich auf die tatsächliche Geschichte der Ärztefrau Délphine Delamare (geb. Couturier, 17. November 1822 - 5. März 1848), die in Rouen lebte und Suizid begann. Als 1848 die Ereignisse im Journal de Rouen erschien, entschied sich Flaubert zur Ausgestaltung in einen Roman mit dem Untertitel Sittenbild aus der Provinz. Dabei benutzte er die personale Erzählweise, nicht die damals vorherrschende Ich-Erzählung, da er die Unparteilichkeit des Erzählers wahren wollte, was meiner Meinung durchaus Sinn macht, bedenkt man, dass er sich zeitnah einem heiss diskutierten Suizid zur Inspiration bediente.

Der Schreibstil, der damals als etwas Aufregendes und Neues erschien, konnte mich heute nur gering begeistern. Der Autor hat ein Talent und eine sichtbare Vorliebe für sehr detailgetreue Beschreibungen, die zwar durchaus sehr durchdacht, gut strukturiert und wunderbar bildhaft sind, sodass sich der Leser mühelos in die Szene hinein versetzen kann, doch meist auch zu ausgiebig und deshalb langatmig. Was in historischer Hinsicht äusserst interessant ist, um damalige Sitten, Rituale, Stile, etc. zu analysieren, war für mich als Leser zu viel des Guten, zu viel der Beschreibung, zu wenig Aktion. Nicht, dass ich bei solch einem Roman Spannung und rasante Handlungen erwarte, aber doch auch nicht zwischen den Seiten einschlafen möchte.

Emma selbst war mir leider oft unsympathisch und ich kann kaum erklären, wieso das so ist. Es liegt nicht an der Tatsache, dass sie ehebrecherisch sich an den Hals von anderen Männern schmeisst und auch nicht daran, dass sie viel zu besorgt um Äusserlichkeiten ist, anstatt wenigstens Kochen zu lernen (damals waren die Frauen eben nur hübscher Schmuck im Haus, eher Zierde als von Nutzen, da ja die Angestellten putzten, kochten und das Kind fütterten). Wahrscheinlich wurde sie mir unsympathisch, als sie aus reiner Langeweile dem Luxus nachschwärmte, sich höchst naiv mit Geld verhielt (was schlussendlich zur Pfändung führte und zum Ende des Paares) und oft sehr egoistisch handelte. Gleichermassen muss ich die Naivität der Männer erwähnen, die sich von ihr allzu leicht um den Finger wickeln liessen. Sie muss eine wahre Schönheit gewesen sein oder zumindest eine furchtbar gute Schauspielerin, die einen unleugbaren Drang zur Dramatik liebte.

Einige Nebenfiguren waren mir mal sympathisch, mal weniger, manchmal hatte ich Mitleid mit ihnen, manchmal fand ich sie im wahrsten Sinne des Wortes blöd. Auch mein Wissen über die damalige Zeit und damaligen Gepflogenheiten, konnte diesen Eindruck kaum schmälern. Ein Stück Weltliteratur, das man gelesen haben muss und ich nun von der To-Do-Liste streichen kann. Kam mir leider wie Schullektüre vor und traf meinen Geschmack nicht, auch wenn der Roman sicherlich seinen Wert in der Geschichte der Literatur hat.
 

3 / 5 Sterne