Rezension

Weltprobleme weitergedacht

Biokrieg - Paolo Bacigalupi

Biokrieg
von Paolo Bacigalupi

Bewertet mit 4 Sternen

Wir befinden uns im Königreich Thailand, genauer gesagt in Bangkok. Teile der Stadt sind von einem hohen Damm umgeben, das urbane Leben liegt in einer, vom Meer umspülten, Schüssel. Erhabenere Inseln vom ehemaligen Festland umgeben das kleine Reich. Im Zentrum steht die kindliche Kaiserin, die von schwarzen Soldaten beschützt wird. Die eigentliche Regierungsgewalt geht aber von den Weißhemden aus, die dem Umweltministerium unterstellt sind. Sie verteidigen den großen Schatz, der letzten intakten Genbank für Lebensmittel.
Auf dieses gut behütete Vermögen hat es die Welt abgesehen. Denn Seuchen und Pandemien haben nicht nur die Menschen geschwächt, sondern auch die Agrarwirtschaft zum Erliegen gebracht. Große Lebensmittelkonzerne erpressen nun die Völker mit ihrem genmanipulierten aber seuchenresistenten Getreide. Die Weißhemden haben diese Konzerne auf die umliegenden Inseln verbannt und kontrollieren streng, was in die Stadt reinkommt und was sie wieder verlässt.

Das Handelsministerium würde gern ihren Einflußbereich ausbauen und mehr Geschäfte mit den Farang (den Europäern/Amerikanern) machen. Die Pläne und Samen von erfolgreich nachgezüchteten Früchten sollen aus der Stadt geschmuggelt werden.

Die Machtkämpfe werden nicht nur zwischen diesen beiden Parteien ausgefochten. Die Thais treiben auch Handel mit den Japanern, die, mangels Nachwuchs, den "Neuen Menschen" entwickelt haben, künstliche Dienerinnen und Soldaten, von den Einheimischen verachtet, vom Umweltministerium kompostiert, wenn sie einen davon ohne gültige Papiere erwischen.

Im Untergrund (eigentlich in den verlassenen Hochhaustürmen und unerträglich heißen Slums) leben die Chinesen, Vertriebene und Flüchtlinge, die jegliche Drecksarbeit erledigen, wenn sie nicht den Hungertod sterben wollen.

Ein wackeliges Arrangement, dass alsbald zusammenbricht, weil an den Machtstrukturen gerüttelt wird und fatalerweise eine neue Seuche in der Stadt ausbricht.

Bacigalupi hat hier eine faszinierende, steampunkmäßig angehauchte, exotische Kulisse gebaut, in der aktuelle Weltprobleme, wie steigende Meeresspiegel, versiegende Rohstoffquellen, genmanipuliertes Leben und unkontrollierbare Seuchen eine Szenerie schaffen, die nur durch überbordene Figuren, wie die Megodonton, den Vorhang zwischen Fiktion und Realität fallen lässt. Er hat keine Mühe gescheut, seinen zahlreichen Protagonisten durchaus nachvollziehbare Wünsche und Handlungen zuzuschreiben und dabei ihre kulturtypischen Eigenheiten hervorzuheben.

Besonders der Einfallsreichtum der mit Mensch und Tier angetriebenen Maschninen hat mir beim Lesen Spaß gemacht, soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass mich Parallelen zur aktuellen Situation schauern ließen.