Rezension

Wem kannst du noch vertrauen, wenn du nicht mal weißt, ob du dir selbst trauen kannst?

Ich. Darf. Nicht. Schlafen. - Steve Watson

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.
von Steve Watson

Stell dir vor du verlierst jedes mal wenn du einschläfst deine Erinnerung. Du vergisst deinen Namen, deine Familie, deine eigene Identität. Christine passiert genau das. Jedes Mal nach dem Aufwachen weiß sie nicht, wer sie ist und wo sie sich befindet, geschweige denn wer der Mann ist, der neben ihr im Bett liegt. Von jedem Tag aufs Neue, muss sie schockiert feststellen, dass sie bereits Mitte Vierzig ist, verheiratet und faltig, und bei einem schweren Autounfall ihr Gedächtnis verloren hat. Doch plötzlich findet Christine ein Tagebuch, geschrieben in ihrer Handschrift. Und was darin steht, ist mehr als beunruhigend...

Ich hatte schon lange keinen Thriller mehr gelesen, und somit war ich mehr als begeistert, als mir bei der dies monatigen Challenge „Ich. Darf. Nicht. Schlafen.“ zum Lesen ausgesucht wurde!

Ich gebe zu: Ich hatte ein paar Probleme in die Geschichte hineinzufinden. Zu Christine habe ich erst nach und nach eine Beziehung aufgebaut (als man mehr über sie in Erfahrung brachte) und so war die Story für mich, anfänglich, wenig mitreißend. Christine blieb mir, vor allem am Anfang, zu blass. Jeden Morgen wachte sie auf, wie eine Art unbeschriebenes Blatt, und genau das hat mir Probleme bereitet. Ich mag es, wenn ein Charakter seine Eigenheiten hat, seine kleinen persönlichen Rituale; vielleicht leicht verschroben ist oder speziell. Dadurch, dass Christine noch nicht einmal selber wusste wer sie wirklich war, hatte sie so etwas selbstverständlich nicht. Sie war nur ein Schein ihrer selbst. Wusste nichts über sich, über andere. Im Prinzip dachte sie noch nicht einmal selbst. Sie musste das was sie in dieser kurzen Zeit erfuhr, so hinnehmen, da sie ja nicht einmal wusste, ob es wahr war oder nicht, was man, oder eher Ben, ihr über sie erzählte. Doch spätestens als sie ihr selbstgeschriebendes Tagebuch fand, wurde sie mir immer sympathischer. Sie hinterfragte Dinge, wurde misstrauisch, vertraute nicht auf alles, was man ihr weis machen wollte. Ich fand es schön zu sehen, wie sie langsam eine eigene Persönlichkeit entwickelte, auf der Suche nach der Wahrheit und das was ihr damals passiert ist. Doch die eine Frage war immer da: Wem konnte sie vertrauen und wem nicht? Wer sagte die Wahrheit, und wer log? Dr. Nash? Ben? Claire? Wer war auf Christines Seite und wer eben nicht? Mit diesen Fragen im Hinterkopf hat man Stück für Stück mehr über Christines Vergangenheit, und über jenes Ereignis im Hotelzimmer erfahren.

Die anderen Charaktere waren durchaus interessant gestaltet, sodass ich immer wieder gedacht habe: „Der oder Die verheimlicht doch irgendetwas!“ Ben war mir von Anfang an sehr suspekt. So richtig vertrauen, konnte ich ihm bis zum Schluss nicht. Ja, er war nett, freundlich und kümmerte sich gut um Christine. Aber wie man ja aus jedem guten Thriller weiß: Die Netten sind am Ende immer die Bösen! Wenn man aber davon ausging, hätte einfach mal jeder der letztendliche Täter sein können. Denn sowohl Dr. Nash, als auch Claire waren beide zwei wunderbar liebenswerte Charaktere. Dr. Nash mochte ich sehr. Er war ein sehr zuvorkommender und freundlicher junger Mann. Doch auch bei ihm hatte ich mehrmals den Verdacht, dass auch er Christine etwas Wichtiges verheimlichte. (Allerdings bedeutet das nichts. Bei Thrillern entwickele ich immer eine Art Verfolgungswahn, dass am Ende jeder der Böse sein kann :D) Claire war eine gute Freundin, trotz ihrer Fehler. Denn genau diese Fehler machten sie in meinen Augen menschlich. Außerdem war sie eine der wenigen, die nicht um den heißen Brei herumredeten. Das war mal eine willkommene Abwechslung! :D

Da ich mich nur bedingt gut mit Thrillern auskenne, kann ich keine Vergleiche ziehen, aber ich fand, dass „Ich. Darf. Nicht. Schlafen.“ ein durchaus spannender und gut durchdachtes Buch dieses Genres war. Ich hatte auch den Eindruck, dass das Thema, die Amnesie, gut recherchiert und mit der Grundgeschichte verknüpft wurde. Es gibt keine hochspannende und blutige Geschichte, sondern eher eine, die sich um die menschliche Psyche und dessen Regenerierung dreht. Auch wenn der Spannungsbogen insgesamt nicht allzu hoch war, blieb ich trotzdem gespannt dran und fieberte dem Ende und der Auflösung entgegen! Und obwohl, dass Ende jetzt nicht allzu überraschend war – ich war sogar richtig stolz, dass ich im Prinzip wusste wer der Übeltäter war – war die Geschichte trotzdem gut und packend geschrieben.

Fazit: Ein eher ruhiger, aber trotzdem spannender und gut durchdachter Thriller, rund um Amnesie und die menschliche Psyche. Ich habe mich, trotz holprigem Anfang, gut unterhalten gefühlt. Meiner Meinung nach, empfehlenswert!