Rezension

Weniger wäre mehr

Nenn mich einfach Superheld - Alina Bronsky

Nenn mich einfach Superheld
von Alina Bronsky

Marek war der Held seiner Theatergruppe und beliebt in seiner Clique - bis ein Rottweiler ihn attackierte und sein Gesicht zerfleischte. Seither verlässt er das Haus möglichst wenig und wenn überhaupt, dann nur mit Sonnenbrille: Die Blicke der Anderen, das Entsetzen und das Mitleid, erträgt er nicht. So macht er Schluss mit seiner Freundin, lässt seine Kumpel abblitzen und igelt sich ein. Seine Mutter schickt ihn mit einem Trick in eine Selbsthilfegruppe, die er am liebsten sofort wieder verlassen würde, wenn da nicht auch Janne wäre, ein wunderschönes zickiges Mädchen im Rollstuhl. Und so lässt sich Marek doch auf die Gruppe ein, er fährt sogar eine Woche mit ihr fort, bis er wegen eines plötzlichen Todesfalls abreisen muss...

Eine Gruppe behinderter Jugendlicher? Da musste ich gleich an John Green denken. Doch bei Bronsky entwickelt sich für mich kein Tiefgang und es gibt auch wenig Auseinandersetzung mit Behinderung und Tod. Ehe es dazu kommen kann, gibt es einen Szenenwechsel, der gleich wieder für rasante action sorgt, doch nicht für Tiefe. Die abschließende Verbindung der beiden Teile wirkt auf mich zu konstruiert. Auch die Schilderungen der Charaktere überzeugen mich nicht. Am besten lernt man Marek kennen, da alles aus seiner Warte geschildert wird. Doch obwohl ständige Meinungsänderungen typisch jugendlich sein können, zeigt auch die Innenperspektive hierfür wenig Grund. Dass Marek durch die rasante Konfrontation mit so unterschiedlichen Menschen schließlich aus seiner selbstgewählten Isolation, seinem Selbstmitleid und dem Weltschmerz herausfindet, mag sein. Auch der ironische Stil des Buches hat mir gefallen. Aber alles in allem war es mir zu überladen mit plötzlichen unerwarteten Wendungen, slapstick-ähnlichen Passagen und skurrilen Persönlichkeiten. Meine Deutschlehrerin hätte dazu bemerkt: Weniger wäre mehr.