Rezension

Wenn der Blick der Medusa fehlt

STONE BLIND – Der Blick der Medusa -

STONE BLIND – Der Blick der Medusa
von Natalie Haynes

"Sie werden dich fürchten, vor dir fliehen und dich ein Ungeheuer nennen."

"STONE BLIND" von Natalie Haynes ist eine lesenswerte und unterhaltsame Nacherzählung von den griechischen Göttersagen rund um Medusa.

Medusa, die einzige Sterbliche in einer Götterfamilie, ist die jüngste der Gorgonenschwestern. Im Gegensatz zu ihren Geschwistern wird Medusa älter, erlebt Veränderungen und fühlt Schwäche.
Als der Meeresgott Poseidon Medusa in Athenes Tempel angreift, ist die Göttin wütend über die Verletzung ihres heiligen Raums ubd Athene nimmt Rache an Medusa. Zur Strafe für Poseidons Taten wird Medusa für immer verwandelt. Sich windende Schlangen ersetzen ihr Haar und ihr Blick verwandelt jedes lebende Wesen in Stein. Medusa lebt daraufhin in Einsamkeit bis Perseus sich auf eine schicksalhafte Reise begibt, um den Kopf einer Gorgone zu holen.
 

Erzählt wird die Geschichte rund um Medusa aus verschiedenen Perspektiven, neben Medusa darunter auch Athene, Perseus, die Gorgonen und andere Götter. Auch kommen Olivenbäume, Steine und Medusas Schlangen zu Wort, was zwar eine interessante Idee ist und für Auflockerung sorgt, aber teils etwas überstrapaziert wurde.
Positiv anzumerken ist, dass die Autorin es versteht all die Eigenheiten der Götter, ihre schrecklichen Entscheidungen und ihr selbstverliebtes Verhalten in eine Geschichte zu verweben, die sowohl unterhaltsam ist als auch zum Nachdenken anregt.
Medusa wurde im Laufe der Geschichte dämonisiert, als das Monster, das es wagte, sich den Göttern zu widersetzen, obwohl sie in Wirklichkeit nur eine junge Frau war, die die Aufmerksamkeit einiger rachsüchtiger Götter auf sich zog. Vor allem die Beziehung zwischen ihr und ihren Schwestern ist gut gelungen und verdeutlicht, dass der Schein trügen kann und dass das wahre Monster in Wirklichkeit ein junger Mann mit einem Schwert sein kann.

Weniger gut gefallen hat mir, dass für einen Roman, in dem es angeblich um Medusa geht, viel Zeit damit verbracht wird Athenas Geschichte zu erzählen. Athene hat eine gefühllose Ader, die man bei allen Göttern beobachten kann. Zwar kann man die Geschichte von Medusa und Athene nicht voneinander trennen, aber ich hatte das Gefühl, dass man der von Medusa mehr Platz hätte einräumen können. Sie fühlt sich ein wenig wie eine vergessene Figur in ihrer eigenen Geschichte an und wird statt zum handelnden eher zum passiven Charakter. Ich hatte mir jedoch mehr Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt und ihr Leben erhofft. So blieb Medusa enttäuschend blass. Es wurden eher die Ereignisse des Mythos erzählt, die hier und da mit ironischen Kommentaren versehen wurden.

Fazit: Unterhaltsam, aber ich hatte mir mehr Medusa und Tiefe erwartet. Guter Einstieg in die griechische Mythologie.