Rezension

Wenn der Schwiegervater die Strippen zieht ... und einem die Augen geöffnet werden.

Ein unmoralisches Sonderangebot - Kerstin Gier

Ein unmoralisches Sonderangebot
von Kerstin Gier

Bewertet mit 4 Sternen

Klappentext

Sehr ärgerlich: Seine Söhne haben die dreißig schon überschritten, aber immer noch nichts im Leben erreicht – findet Fritz. Verwitwet, tyrannisch und außerordentlich geizig, ist er eine Plage für die Schwiegertöchter. Und dann scheint der alte Herr völlig verrückt geworden: Einer Wette wegen plant er einen Partnertausch für seine Söhne. Die verträumte Olivia zieht einfach mal zu Oliver ins schicke Stadtappartement, die ehrgeizige Evelyn zu Stephan in die alte Gärtnerei. Damit alle bei diesem absurden Spiel mitmachen, winkt Fritz mit Geld. Mit viel Geld …

 

Meine Meinung

Ja, was soll ich sagen? Mich hat diese völlig verrückte Idee a la „Frauentausch“ sofort neugierig gemacht. Da dann auch noch Kerstin Gier draufstand, von der ich bereits Rubinrot gelesen habe, lag das Buch auf einmal auf meinem SuB, aber das leider peinlich lange. Nach dem Lesen frage ich mich echt, warum eigentlich? Um mal zwischendrin abzuschalten und herzlich zu lachen, ist das Buch einfach perfekt.

Kerstin Gier hat einen sehr humorvollen Schreibstil, der mich entweder breit zum Grinsen oder sogar laut zum Lachen gebracht hat. Dazu trägt auch die interessante, merkwürdige Familienkonstellation bei: Da haben wir einmal den wunderbaren (das Wort ist mit ordentlich viel Ironie zu genießen) Schwiegervater Fritz, dem man einfach nichts recht machen kann und der immer wieder sonntags an seinen Kindern herumnörgelt, denn seiner Meinung nach hat weder Oliver noch Stephan die richtige Frau und den richtigen Job fürs Leben gefunden – und wo bleibt überhaupt der Nachwuchs? Dass er seine Enkel, die bereits auf der Welt sind, als „Dings“, „Dings“ und „Dings“ bezeichnet und eigentlich kaum beachtet, ist irrelevant. Katinka, Fritzens Tochter, ist die einzige, die ihm bisher (eben diese) Enkel geschenkt hat, und damit keine allzu große Enttäuschung. Das lässt sie bei den sonntäglichen Familientreffen auch gerne raushängen – zusammen mit ihrem ständig in Floskeln sprechenden Ehemann, den eigentlich keiner (außer ihr) leiden kann. Dann gibt es noch Sohn Oliver – von Olivia liebevoll „Blumenkohl“ genannt – und dessen Frau Evelyn, die die meiste Zeit aussieht, als hätte sie Zahnschmerzen, sowie Sohn Stephan und dessen Frau Olivia, eine leidenschaftliche Gärtnerin und für Oliver „Blumenköhlchen“. Dieser bunte Haufen ist sehr … äh … bunt und unglaublich unterhaltsam.

Wir lesen aus der Sicht von Olivia, die ich mit Oliver auch am sympathischsten fand. Ich war zwar nicht immer mit ihr einverstanden, weil sie erst lernen musste, nicht alles mit sich machen zu lassen, aber ich habe trotzdem stets mit ihr mitgefühlt – und am Ende auch ein bisschen für sie applaudiert. Alle anderen Charaktere sind zwar sehr gewöhnungsbedürftig, aber auf ihre jeweils eigene Weise ausnahmslos erheiternd. Manche sind auch für Überraschungen gut und gar nicht so unausstehlich, wie man zuerst meint. Manche dagegen sind gar nicht so ausstehlich, wie man zuerst meint. Ich hatte mit dieser Vielfalt an Charakteren überraschend viel zu lachen.

Natürlich gibt es auch eine Liebesgeschichte – und zwar, wie man sich sicher denkt, nicht die zwischen den jeweiligen Ehepartnern. Man denkt es sich eigentlich schon von Anfang an (spätestens nach meiner Rezension, denn ich glaube, ich habe schon ein paar Hinweise fallen lassen), sodass man nicht wirklich überrascht wird. Aber das ist auch nicht schlimm, denn die Liebesgeschichte steht definitiv nicht im Vordergrund. Es wird sich nicht einmal besonders viel Zeit genommen, die Gefühle zwischen den Figuren aufzubauen und nachvollziehbar zu gestalten, deshalb sollte man definitiv nicht mit der Erwartung herangehen, einen Liebesroman zu lesen. Es ist mehr ein … sehr ulkiger, witziger Familienroman. Der Humor steht klar im Vordergrund, aber die Liebe spielt natürlich auch eine Rolle. Die Balance hat mir überraschend gut gefallen. Ich habe zu keinem Zeitpunkt gedacht: Oh man, ich würde die Szene gerne überspringen und lieber wieder von einer Annäherung zwischen X und Y lesen. Überhaupt nicht. Es ist durchgehend unterhaltsam und wie viele Bücher können das schon von sich behaupten?

Fazit

Wer eine Liebesgeschichte erwartet, bekommt sie – aber in sehr geringen Dosen. Der Humor steht im Vordergrund und das ist auch gut so. Ich habe mich das ganze Buch über gut unterhalten gefühlt, habe gegrinst und gelacht und mich über manche Personen auch furchtbar geärgert. Eine Figur hat sich auf meiner Hasscharaktere-Liste ganz nach oben katapultiert – puh! Ein sehr gutes und sehr witziges Buch – von mir gibt es 4 Sterne.