Rezension

Wenn der Teufel hinter dir her ist…………. Solltest du so schnell wie möglich rennen, denn es könnte sein, dass er auf der Jagd nach dir ist...

Perchtenjagd - Maja Brandstetter, Wolfgang Brandstetter

Perchtenjagd
von Maja Brandstetter Wolfgang Brandstetter

Bewertet mit 5 Sternen

Salzburg zu Weihnachten ist schön. Wenn nicht gerade ein Serienmörder umhergeht, der die perfekten Opfer sucht, um seine eigene Weihnachtskrippe zu vollenden.....

Perchtenjagd – Ein Meiberger-Krimi von Maja und Wolfgang Brandstetter

Herr Gerichtspsychologe Meiberger will mir in diesem Roman wohl Konkurrenz als Protagonistenpsychologin machen. Aber so nicht mein Freundchen. Da hab ich auch noch mitzureden. Denn auch ich habe mir so meine Gedanken zu den psychologischen Vorkommnissen in diesem Buch, in und um Salzburg herum, gemacht.

Dies ist ein bisschen auch ein Weihnachtsbuch. Ich muss es dazu sagen, weil es sonst die wenigsten wohl als das ansehen würden, was es ist. Natürlich kann man es aber auch in jeder anderen Jahreszeit lesen. Dies ist nur die Jahreszeit, in der das Buch spielt.

Das Buch basiert auf der Handlung der TV Serie über Thomas Meiberger, einen Gerichtspsychologen, der die örtliche Polizei unterstützt. Dies ist nun der erste Roman, der dazu erschienen ist. Ich versuch das Ganze heute so zu sehen, als ob es die Serie nicht geben würde, und das Buch eigenständig ist. Was auch Sinn macht, da ich wirklich erst auf dieses Buch aufmerksam geworden bin, und erst im Nachhinein von der Serie erfahren habe, und so vielleicht eine der wenigen Leserinnen bin, bei der es so herum ist.

Eins also vorweg: Dies war meine erste Begegnung mit dem guten Herrn Meiberger. Zweitens vornweg: Ja, ich gebe es zu, und gestehe. Anfänglich musste ich googeln, was diese Perchtenjagd ist, oder die Perchten (heißt das so?) sind. Und ich musste feststellen, dass ich vielleicht doch nicht ganz so dumm bin, wie ich dachte, denn anfänglich sei gesagt, diese Sache mit den Perchtenläufern, das hat etwas mit der Zeit um Weihnachten, und zwischen den Jahren zu tun. Mit den sogenannten Rauhnächten genauer gesagt. Und ich hoffe, ich lehne mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster. Aber mit diesen kenne ich mich zumindest ein wenig aus. Andere Orte, andere Gegenden = andere Bräuche. Ich finde es bei diesem Buch wichtig, ein wenig dazu zu erzählen, denn sonst denken die Leute vielleicht, sie wüssten mit der Thematik des Buches nichts anzufangen. Denn wenn man es so will, liegt hier ein Krimibuch vor einem, das ganz gezielt in der Vorweihnachtszeit, im Advent stattfindet. Und das in der Gegend um Salzburg. Hier und im Alpenraum gibt es als Brauch die so genannten Perchtenjagden. Es gibt gute und böse Perchten. Zum Winteraustreiben, zum Austreiben des alten Jahres, zum Überwachen, ob alles seine Ordnung hat. Doch all diese Perchten haben etwas gemeinsam. Ein Mensch steckt darunter, der eine bestimmte Sagengestalt darstellt, und diese Kostüme gibt es in ganz unterschiedlichen Charakteren. Wie ein Teufel, oder so. Falls meine Hintergrundinfos hier ein wenig merkwürdig erscheinen, lest euch doch gerne mal Google selbst durch. Denn das Thema ist gar nicht mal so uninteressant. :). Ich dachte, ich muss es wenigstens ein wenig erklären. Damit ihr wisst, auf was ihr euch einlasst. Aber nun zum Buch!

Zum Inhalt des Buches:

Dieser ist wirklich spannend. Anders kann ich es nicht sagen. Auf einem Adventsmarkt in St. Wolfgang verschwindet ein kleines 5jähriges Mädchen. Marie. Und dies ist erst der Anfang. Wie immer bei Krimis oder Thrillern, muss man aufpassen, nicht zu viel zu verraten, da man sonst die Handlung verrät. Und die ist gerade bei solchen psychologisch durchdachten Krimis ja sehr wichtig. Aber so viel kann man sagen: Marie wurde entführt. Mitten im Adventsmarkttgetümmel. Und nun beginnt die Suche nach ihr. Knackpunkt an der Sache ist, dass der Adventsmarkt die Tradition der Perchtenläufer beinhaltet. Menschen, verkleidet als Teufel und andere mythologisch schreckliche Wesen. Kinder, oder in diesem Fall die kleine Marie, würden es wohl am ehesten mit Monstern bezeichnen. Das macht durchaus Sinn. Sind es doch die schrecklichen Verkleidungen in unseren menschlichen Jahreszeitenrhytmus, die den Winter, oder die bösen Geister vertreiben. In diesem Fall ist es eher nachteilig, denn der Entführer hat sich unter die Perchten gemischt. Oder etwa nicht?  Was will der Entführer aber eigentlich? Und nun wird es brenzlig. Denn er entführt nicht einfach wahllos ein kleines Kind, sondern ist nebenher auch noch ein Mörder. Oder auch nicht??? :D. Denn dies sei gesagt. Es werden in diesem Krimi Menschen getötet. Dass er krankhaft handelt, das ist klar. Aus einer Überzeugung. Für ein bestimmtes Ziel. Das an Heiligabend seinen Gipfel erreicht. Und für den Mörder passt alles. Denn dieser will ein Krippenspiel inszenieren. Und seine Opfer sind die Figuren darin. Ob die kleine Marie gerettet wird? Ob man einige der vorgesehenen Opfer des Mörders retten kann? Ob es am Ende eine Krippe voller menschlicher Gegenfiguren für die heilige Familie und Co. Gibt? Oder ist alles GANZ anders??? Das ist das Geheimnis des Buches, welches ihr unbedingt herausfinden solltet. Gerichtspsychologe Meiberger macht sich auf jeden Fall auf die Jagd nach dem Mörder. Und der Mörder, der ja ein Percht ist, der macht sich auf die Jagd………… nach seinen Opfern….

Das was das Ganze am Roman so grausam macht, ist natürlich die Zeit in der es spielt. Advent, Vorweihnachtszeit. Die Menschen freuen sich der Helligkeit, der Hoffnung, der besinnlichen Stimmung. Es passt einfach nicht, dass in dieser besinnlichen Vorweihnachtszeit schreckliche Dinge geschehen, oder Serienmörder ihr Unwesen treiben. Das macht es zum einen zu keinem dieser fröhlichen Bücher, die in der Vorweihnachtszeit Freude bereiten. ABER….. ich lese einen Krimi. Das muss mir bewusst sein. Und hier muss ich damit rechnen, dass nicht alles locker flockig von statten geht. Wer zum Buch greift, der weiß das. Hoffe ich zumindest. Es war zwiespältig, mein liebes Gehirn. Zum einen hat es die Fröhlichkeit der Weihnacht vermisst, zum anderen weiß es, dass Menschen grausam sein können, und dies im Buch eben sind. Und ganz zum Schluss weiß es natürlich noch, dass die Beschreibungen der Adventsmärkte und der Umgebung trotz allem eine merkwürdige Adventsstimmung in einem hinterlassen hat. Ja……. Ich schätze, dieses Buch wurde psychologisch richtig gut recherchiert :)

Man trifft auf allerlei Typen, Stereotypen, krankhafte Menschen, und Menschen die handeln…. Wie eben Menschen handeln. Mit Fehlern, mit Makeln. Psychologisch gesehen ist das Buch wirklich top, denn man bekommt Einblicke in die Sichtweisen von Menschen, und wieso Dinge oder Situationen entstehen, von denen man bisher nicht wusste, warum sie so waren, wie sie sind. Das Buch baut auf, auf einer Kettenreaktion. Ein Ereignis passiert, weil ein anderes Ereignis passiert, weil dies oder jenes passiert ist, weil diese Szenerie oder dieser Gegenstand zu diesem Zeitpunkt dort oder da war. Es ist ein Eintauchen in die Psychologie – und Gedankenwelt des menschlichen Gehirns, und der Psyche. Okee okee. Bei einem Gerichtspsychologen ja irgendwie klar. Aber vielleicht ist es genau das, was mich so am Buch fasziniert hat. Denn mit den psychologischen Dingen hab ich es ja gerne mal.

Fazit:­­

Das ganze Buch ist psychologisch gut durchdacht (wiederhole ich mich eigentlich? :D). Wie könnte es auch anders sein? Agiert der Täter doch aus psychologisch, und nicht nachvollziehbaren Gründen. Und handelt das Buch diesmal nicht direkt von einem Kommissar, der den Fall löst, sondern eher dem Gerichtspsychologen Meiberger, der durchdacht und durch seine Hilfe der Kriminalpolizei zur Hilfe eilt? Und das ist auch dringend nötig. Denn die Polizisten werden hier im Buch eher als…….wie soll ich das nun sagen?........ zu nichts zu gebrauchen :D…. beschrieben.  Jeder hat seine Eigenarten. Und dadurch lernt man all die Figuren in dieser Geschichte besser kennen. Man lernt nicht unbedingt, sie zu mögen. Aber man kennt nach und nach Hintergründe, und persönliche Eigenarten, oder Leidenschaften.

Die Atmosphäre selbst ist sehr düster. Was mir gefallen hat, das waren die Beschreibungen rund um Salzburg, und das in der Winterzeit. Man hat sich oft direkt an Tatorten gefühlt, das wurde alles sehr gut beschrieben. Ebenfalls die verschiedenen Sichtweisen. Denn die Perspektive wechselt oftmals. Wir sind hier hauptsächlich in der Sichtweise von Meiberger, aber zwischendrin tauchen immer wieder Gedankenfetzen von anderen auf. Von den Opfern, die bis dato noch keine Opfer sind (Das ist natürlich besonders grausam. Lernt man die Leute doch so gut kennen, und mag sie. Nur damit sie dann umgebracht werden.). So auch von der kleinen Marie. Und gar vom Täter, der mit Rückblicken in sein bisheriges Leben Hinweise gibt, wieso er die Dinge tut, die er tut. Wobei man nicht verstehen muss, wieso er sie tut. Aber es sind zumindest Erklärungen. Wie oben ja schon erwähnt, spielt die Psychologie eine große Rolle im Buch. Und was Dinge, die in der Vergangenheit liegen, in uns auslösen können.

Das Buch selbst ist aufgeteilt in drei große Abschnitte, die alle aus mehreren Kapiteln bestehen, die recht kurz und zügig zu lesen sind, und damit die Geschichte vorantreiben. Es gibt im Buch keine bestimmte Sichtweise. Sogar im Absatz selbst erzählt erst dieser, dann ein anderer Protagonist, was gerade in ihm abläuft. Und genau das ist das interessanteste. Die psychologische Entwicklung aller Figuren, im Buch während des Voranschreitens der Geschichte.

Erzählt wird von menschlichen Trieben, menschlichen Zwängen, psychologischen Zwängen, Zwängen des Gehirns, krankhaften Zwängen, krankhaften Trieben…………. Ja, wir haben hier an einigen menschlichen Beispielen alle möglichen Schattierungen der menschlichen Gefühlswelt vor uns. Von Grausamkeit, über Stupidität bis hin zu Schuld, zum Mitgefühl, oder Verantwortungsbewusstsein. Um nur ein paar davon zu nennen. Denn über fast jeden Protagonisten, ob Hauptprotagonist oder Nebencharakter, wird etwas erfahren, was seine Emotionen, seine Psyche, und sein Handeln erklärt. Wir haben ebenso verschiedene Arten von Liebe. Die eine wahre Liebe des Lebens, Elternliebe, Mutterliebe, Begierde ohne Liebe, Begierde mit gedachter Liebe, unerwiderte Liebe, Liebe die nach Jahren auf Gewohnheit beruht……….. Und auch wenn ihr nun denkt „Bin ich hier bei Tatsächlich…. Liebe„ gelandet, dann muss ich euch sagen. Nein. Es ist eine reine Beobachtung meiner psychologischen Einschätzung der Figuren. Außerdem passt Liebe doch so gut zu Weihnachten, und darum geht es ja im Roman………… also ein bisschen :). Vielleicht sollte ich aber nur einfach endlich damit klarkommen, dass Weihnachten nun vorbei ist :D

Was mir im Buch ebenfalls gefällt, sind die Verwebungen untereinander. Keiner ist ohne Makel. Jeder hat etwas zu verbergen, bzw. ein Laster, ein Geheimnis, keiner ist perfekt. Und alles hängt miteinander zusammen. Und jede Entscheidung hat Auswirkungen auf andere in der Geschichte, weil die Schicksale verwoben sind. Und so ist es manchmal nur ein kleiner Schritt vom Lebenden zum Opfer. Ein Zufall. Ein Kennzeichen, das ein anderer Mensch nicht hat, das denjenigen dann zum Mordopfer macht.

Das Buch ist wie eine Illusion. Ist es ein Mensch der die Menschen jagt? Ein Percht? Ein anderes Wesen? Sind es beide Dinge in einem? Und wenn ja, wieso? Der Teufel übernimmt den Menschen, und sieht dessen Existenz nur noch als Nebensache. Das Buch ist mythisch angehaucht, schon allein wegen der Erwähnungen des Percht, der in Gestalt des Teufels im Buch auftaucht, und genau so nennt er sich selbst auch. Teufel.

Zwischendrin gibt es Widersprüche. Denn nichts im Roman, wirklich nichts, ist so, wie es scheint. Die Autoren, oder auch normale reale Psychologen nennen das Ganze Kausalattribution. Dies war der für mich interessanteste Teil im Buch. Vielleicht nicht jedem verständlich. Leicht beschrieben bedeutet es einfach, dass das Gehirn und etwas vollflunkert, was nicht da ist, weil es die falschen Zusammenhänge bildet. Und ja, unser Gehirn flunkert uns etwas vor, und in diesem Roman tut es das sogar ganz oft. Mit den meisten Wendungen habe ich tatsächlich mal nicht gerechnet. Und das fast über die Hälfte des Romans. Anderes habe ich ansatzweise erahnt, aber so doch dann auch nicht kommen sehen. Vielleicht wollte mein Gehirn aber auch nur die Wahrheit nicht wahrhaben? Wer weiß das schon. Meistens fühlt man sich im Roman unmittelbar dabei in der jeweiligen Situation.

Also: Passt auf euch auf. Besonders in der Zeit der Rauhnächte, die nun auf uns zukommen, und bis ins neue Jahr andauern. Nicht, dass Frau Percht, Frau Holle, oder ein Percht, Knecht Ruprecht oder die Wilde Jagd euch bestraft oder gar holt und einsammelt. Jedes Brauchtum ist irgendwie miteinander verwoben. Und viele haben dieselbe Aussage. :)

Zum Schluss noch einen Rat aus meiner Kinderzeit: :D „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? Niemand. Und wenn er kommt? Dann laufen wir“…...Ein wahrlich guter Rat, wenn jemand gejagt wird.

Ein Lied für das Rezensionsende zu finden, war diesmal schwer. Trotzdem, so merkwürdig wie es klingen mag, ist mir ständig eines durch den Kopf gegangen. Vielleicht liegt es an der Nähe zu Weihnachten, die noch da ist, auch wenn es nun vorbei ist. Vielleicht auch daran, dass dieses Lied in der Region geschrieben wurde, wo das Buch spielt. Und weil diese Region an Weihnachten im Buch nicht so still und nicht so ruhig ist, geben wir ihr nun ein wenig Ruhe. Also los:

„Stille Nacht! Heilige Nacht! Alles schläft, einsam wacht.
Nur das traute hoch heilige Paar. "Holder Knabe im lockigen Haar.
Schlaf in himmlischer Ruh'. Schlaf in himmlischer Ruh'!"“

 Okay, okay, weil Weihnachten vorbei ist, ergänzen wir doch noch mit einem anderen Text. Weil wir eben nie wissen, wer um uns herum ein Monster ist, und warum er dieses ist. Denn manchmal versteckt sich das Monster in Verkleidung eines Menschen……. Oder eben andersherum ;)

„Your heart hits like a drum. The hunt has just begun.

Monsters stuck in your head. We are, we are, we are….

Monsters under your bed We are, we are….

We are monsters …..We are, we are…….we are monsters ….oh.“