Rezension

Wenn die Ehe am Alltag zu zerbrechen droht

Schnee in Amsterdam - Bernard MacLaverty

Schnee in Amsterdam
von Bernard MacLaverty

Das Spiegelbild einer Ehe, von nachdenklich bis traurig.

Worum es geht

Stella und Gerry sind in ihrer Ehe alt geworden. Doch eigentlich lebt jetzt jeder sein eigenes Leben. Die Liebe scheint zwischen ihnen noch zu bestehen und doch sind sie manchmal wie zwei Fremde. Ein Kurzurlaub in Amsterdam soll ihr Rentnerleben ein wenig auflockern. Doch der beengte Raum des Hotelzimmers bringt die tiefen Risse der Beziehung zu Tage. Stella hat ganz eigene Pläne für ihren Aufenthalt in Amsterdam und dann ist da noch ein Ereignis aus der Vergangenheit, dass die beiden bis heute beschäftigt.

Was ich über "Schnee in Amsterdam" denke

Der erste Eindruck eines Buches wird immer vom Cover vermittelt. Schließlich ist es das, was wir Leser als erstes sehen. Das Cover von Schnee in Amsterdam zeigt eine der vielen, für Amsterdam so typischen, Brücken. Zwei Personen stehen unter einem Schirm im fallenden Schnee zusammen. Alles ist in Graustufen gestaltet und vermittelt einen stillen, traurigen, fast schon deprimierten Eindruck. Eindeutig ein Vorgeschmack auf den Inhalt.

Die Szenen der Ehe von Stella und Gerry Gilmore zeigen zwei einsame Personen, die sich über die Jahre so im Alltagstrott verloren haben, dass sie fast wie zwei Fremde sind. Der Leser taucht in eine recht deprimierende Atmosphäre ein und es ist schon ziemlich traurig diese beiden Personen so zu erleben. Gerrys Alkoholprobleme und Stellas Unfähigkeit sich zu erklären und ihre Gefühle und Probleme auszusprechen tragen zu dieser desolaten Stimmung bei.

Der Schreibstil des Autors ist schnörkellos und beschreibend. Er stellt zum einen eine starke Nähe zu den beiden Personen dar, da abwechselnd aus der Perspektive von Gerry oder Stella erzählt wird. Gleichzeitig bleibt der Leser aber auch Beobachter.

Da der Schreibstil so simpel ist, scheint das Buch einfach und schnell zu lesen zu sein. Aber das täuscht. In vielen Sätzen und Beschreibungen von etwas Alltäglichem steckt oftmals viel mehr dahinter. Versteckte Hinweise geben Möglichkeiten zu unterschiedlichen Interpretationen. Ich persönlich hatte bei vielen ganz kleinen Gesten und Zeichen das Gefühl, es gibt noch etwas Liebe zwischen den Beiden. Aber man hätte es auch wieder ganz anders interpretieren können.

Bernard MacLaverty arbeit viel mit kurzen Rückblicken. Gerade noch in der Gegenwart schweifen die Gedanken in die Vergangenheit ab und nach und nach entsteht so ein Bild von Gerrys und Stellas Leben. Dieser Art von Erzählung ist nicht immer einfach zu folgen. Die Informationen kommen Häppchenweise oder lassen Platz für eigene Deutungen.

Die Hauptcharaktere sind weit davon entfernt perfekt zu sein. Von Gerry bleibt vor allem seine Trinkerei im Gedächtnis, die gerade im Mittelteil des Buches im Fordergrund steht. Er ist unbeholfen und nicht sehr einfühlsam. Trotzdem konnte ich nicht anders als ihn mögen, denn immer wieder kommt bei ihm durch, dass er doch trotz seiner Fehler ein guter Mann ist. Stella wirkt oft kühl und egoistisch, fast kalt. Aber auch sie kämpft mit Dingen und kann vielleicht auch als Opfer der Umstände gesehen werden.
Letztendlich zähren beide an einem Ereignis, dass vor vielen Jahren geschehen ist und sie vielleicht sogar an den Punkt gebracht hat, wo sie zum aktuellen Zeitpunkt stehen.

Eigentlich hat mich das Buch traurig gemacht. So eine Entwicklung möchte niemand für seine Beziehung. Aber es ist so leicht, sich im Alltagtrott auseinander zu leben. Ob der Autor dieses Bild nun als Warnung geschaffen hat, oder ob er ein Beispiel für so viele Ehen zeichnen möchte, wo die Partner nur noch nebeneinander herleben, weiß ich nicht zu sagen. Das Buch kann für beides stehen.

Mein Fazit

Schnee in Amsterdam ist ein gutes Buch. Für mich persönlich ist es nicht das, was ich normalerweise gern lese. Aber es war eine sehr interessante Erfahrung und die Handlung hat mich berührt. Das Buch ist anspruchsvoll. Wer leichte Unterhaltung sucht, wäre hier Fehl am Platz. Der anspruchsvolle Leser wird dagegen begeistert sein.