Rezension

Wenn die Fassade bröckelt

Kleine Feuer überall
von Celeste Ng

Bewertet mit 4 Sternen

Auf „Kleine Feuer überall“ von Celeste Ng war ich sehr gespannt, da ich es in der englischen Originalausgabe schon häufig auf Instagram gesehen hatte. Der Klappentext gibt nicht sonderlich viel preis, so dass man zunächst nicht genau weiß, was für eine Geschichte einen erwartet.

Celeste Ngs Erzählweise ist gemächlich und unaufgeregt. Es dauerte ungefähr 50 Seiten, bis ich richtig in die Geschichte eingetaucht bin. Interessant ist, dass das Buch quasi mit dem Ende beginnt. Das Haus der Familie Richardson steht in Flammen. Verdächtigt wird die jüngste Tochter Izzy.Im nächste Kapitel springt die Handlung mehrere Monate zurück und erzählt welche Ereignisse zu diesem Amoklauf geführt haben.

Schauplatz ist das kleine Örtchen Shaker Heights, eine Vorzeigestadt. Die Bewohner sind überwiegend wohlhabend und stolz auf ihre perfekten Berufe, Häuser, Weltanschauungen... Als die  alleinerziehende Mutter Mia mit ihrer Tochter Pearl nach Shaker Heights zieht, beginnt es langsam unter der Oberfläche zu brodeln. Die Fotografin blickt hinter die Fassaden und ihr Sinn für Gerechtigkeit ist nicht unbedingt gleich mit dem der alteingesessenen Bewohner.

Wie schon eingangs erwähnt, ist dies ein ruhiges Buch. Wer also Spannung und sich überschlagende Ereignisse erwartet, wird hier nicht auf seine Kosten kommen. Dennoch ist „Kleine Feuer überall“ sehr lesenswert. Ich mochte die Grundmessage des Romans, dass man manchmal einfach alles hinter sich lassen muss um einen Neuanfang zu wagen.

Mia und Pearl sind bodenständige Personen, die es einem sehr einfach machen, sie zu mögen. Bei den erfolgsverwöhnten Richardsons dauert es ein wenig länger, bis man mit den Charakteren warm wird. Die Kinder im Teenageralter sind im Grunde alle drei gute Menschen, ach wenn sie stark von ihren Eltern geprägt wurden. Nun sind sie in einem Alter, in dem sie eigene Moralvorstellungen entwickeln und das Handeln ihrer Mitmenschen hinterfragen.

Interessant fand ich, dass sich die Autorin dazu entschlossen hat, Mia einfach bei ihrem Vornamen zu nennen, während Elena Richardson ganz formal als Mrs Richardson bezeichnet wurde. Ich denke, dass hier nochmals auf die soziale Herkunft und die unterschiedliche Stellung in der Gesellschaft hingewiesen werden sollte.

Abstammung, Herkunft, gesellschaftliche Stellung – dies sind die zentralen Themen dieses Romans und auch wenn sich die wohlhabenden Familien von Shaker Heights damit rühmen alle Menschen gleich zu sehen, so wird im Verlauf der Geschichte klar, dass dem eben nicht so ist. Die Autorin spricht hier wichtige Themen an, die heute aktueller sind denn je.

Alles in allem ein wirklich lesenswerter, ernster Roman.