Rezension

Wenn die geliebte Mutter zu Lebzeiten bereits gestorben ist ...

Mutter, wann stirbst du endlich? - Martina Rosenberg

Mutter, wann stirbst du endlich?
von Martina Rosenberg

Bewertet mit 5 Sternen

Buchbeschreibung:

Das Debattenbuch zum Thema »Pflege im Alter«

Martina Rosenberg erzählt die authentische Geschichte einer ganz normalen Familie, für die das Leben durch die Extrembelastung der Pflege der schwer kranken Eltern zum Albtraum wurde. Es ist die Geschichte ihrer eigenen Familie. Die Mutter erkrankt an Demenz, der Vater erleidet einen Schlaganfall, und Schritt für Schritt muss die Tochter die Verantwortung und Organisation des elterlichen Lebens übernehmen. Verzweifelt versucht sie, allen Anforderungen gerecht zu werden — und scheitert, bis nach neun Jahren nur noch der Wunsch übrig bleibt: Mutter, wann stirbst du endlich?

Auf eindrückliche Weise gibt dieser zuweilen erschreckend ehrliche Bericht all jenen eine Stimme, die ungewollt zu den Eltern ihrer Eltern werden, und dokumentiert die Verzweiflung derer, die von Politik und Gesellschaft mit dieser Verantwortung allein gelassen werden.

 

Meine Leseerfahrungen:

Ich habe dieses Buch gekauft, weil es mich persönlich betrifft: In dem Buch geht es um eine 3-Generationsfamilie, die unter einem Dach lebt. Oma und Opa kümmern sich um das Enkelkind, während deren Eltern arbeiten müssen. Diese übernehmen dafür schwere Einkäufe und Krankenfahrten zu den Ärzten, wenn die Senioren Hilfe benötigen. Alles funktioniert bestens, bis die Mutter der Autorin Martina, plötzlich immer kranker wird und bei ihr Demenz festgestellt wird. Der Vater - zwar geistig noch etwas fitter, dafür aber nörgelerisch und mit der neuen Situation der pflegebedürftigen Frau nicht mehr zurechtkommend - ist die Pflege seiner Frau nicht gewachsen. So wird die mit im Haus wohnende Tochter - eben die Autorin - immer mehr in die Rolle der Verantwortlichen gedrängt. Ob sie sämtlichen Schriftktam erledigen muß, den ständigen Hilferufen ihrer Eltern Folge leistet, sich um Pflegekräfte und Arztfahrten komplett kümmern muss und ganz zu schweigen auch die physische Belastung, da sie immer eins ehr inniges Verhältnis zu ihrer Mutter hatte, die sie dann irgendwann auch nicht mehr erkennt.

Sie schreibt sich aus ihrer Sicht das Fortschreiten der Erkrankung ihrer Mutter von der Seele. So ist das Buch in 7 Kapiteln verfaßt, die den langsam dahinschleichenden Zerfall bis zu ihrem Tod dokumentieren:

1. 2000 - 2003
2- 2004 - 2006
3. 2006
4. Anfang 2007
5. Mitte bis Ende 2007
6. 2008 - 2009
7. 2010

In den Kapiteln erkennt der Leser, wie lange solch ein Zerfall dauern kann, wie schnell Schübe einen geliebten Menschen alles vergessen lassen und wie grausam der langsame Tod sein kann.

Meine Mutter lebt nun knapp 2 Jahre in ein Pflegeheim. Wir hatten damals eine Wohnung für sie angemietet, direkt hier neben unserer, die wir frisch gekauft hatten. Da meine Mutter am Tag der Wohnungsübergabe sich weigerte dort einzuziehen, weil sie da "auf eine Park blicken muss, in dem mein Vater sie vor 50 Jahren mit de rWaffe bedroht hatte (!)", zog sie nie dort ein. Dann kam meine Krebserkrankung dazu und mir blieb nichts anderes übrig, als meine Mutter in ein Heim unterzubringen. Ich musste mich um sämtliche finanzielle Angelegenheiten kümmern, um Arztbesuche um das Menschliche. Aber oft dachte ich mir, dass meine Mutter - so wie ich sie kannte - längst nicht mehr da ist, sondern nur noch ihre Hülle, wenn sie mich morgens um 5 Uhr anruft, weil sie denkt, es sei nachmittags 17 Uhr, wenn sie nach meiner OP an der offenen Lunge meinen Mann beschimpfte, wann ich aus dem Krankenhaus komme um ihr ihr Enkelkind, das ich gerade geboren habe zu präsentieren, wenn sie am Telefon weint, wo ich mit dem versporchenen Fleischkäsebrötchen bleibe, dabei höre ich sie noch kauen, weil es gerade verzehrt hat und ich gerade vor 10 Minuten ihr Zimmer verlassen habe.... dann wünsche ich mir manchmal, dass sie nicht lange zu leiden hat.

Das Buch hat mich persönlich zutiefst berührt und betroffen, ist sehr offen geschrieben und auch wenn es oft hart klingt, aber die geliebte Mutter leiden zu sehen ist afst noch grausamer, als wenn sie in einem gesegneten Alter den wohlverdienten Frieden findet.
Immer füreinander da zu sein, in guten, wie in schlechten Zeiten, aber nicht hin bis zur Selbstaufgabe.

Im letzten Teil des Buches findet man noch als Hilfe für Angehörige Anlaufstellen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz mit Adressen und Kontaktdaten.

Vielen Dank für´s Lesen, Bewerten und Kommentieren!

by esposa1969