Rezension

Wenn ein betagter Ermittler seinen vor Jahrzehnten vergeigten Fall wiederaufnimmt

Der Verein der Linkshänder - Håkan Nesser

Der Verein der Linkshänder
von Håkan Nesser

Bewertet mit 4.5 Sternen

Im fiktiven Oosterby werden in den 50ern Schulkinder von ihrer Lehrerin brutal zum Schreiben mit ihrer „schönen“ Hand umerzogen. Marten und Rejmus sind darüber so wütend, dass sie ihrer Lehrerin aus ganzem Herzen den Tod wünschen. Die Jungs gründen mit weiteren Schülern einen Verein der Linkshänder, zu dem auch das Zwillingspaar Clara und Birgitte gehört. 1991, als die Linkshänder von damals in ihren besten Jahren sind, wird in einer Pension ein Ehemaligen-Treffen des Vereins organisiert. Vier Teilnehmer kommen in der brennenden Pension ums Leben. Nur Qvintus muss sich gerettet haben, so dass Kommissar Van Veeteren und sein Kollege diese Person zum Täter erklären. 20 Jahre später taucht ganz in der Nähe der damaligen Pension die Leiche dieses Mannes auf. Es lässt sich nicht leugnen, dass er gemeinsam mit den vier anderen ums Leben gekommen sein muss. Der Täter ist also noch immer frei.

Van Veeteren ist seit Jahren pensioniert und lebt für sein Antiquariat und das Schachspiel mit dem Ex-Kollegen Münster. Zum Glück kann er durch das Geschäft ab und zu seiner Partnerin Ulrike aus dem Weg gehen. Mit den Jahren ist Nessers Kult-Ermittler etwas umständlich geworden – und könnte Ulrike gehörig nerven. Sie muss ihn regelmäßig daran erinnern, beim Thema zu bleiben – nur damit er im nächsten Satz unbeirrt weiter seinen Abschweifungen folgt. Sowie irgendjemand vom Altern spricht, springt Van Veeteren prompt darauf an und bezieht die Dinge auf sich.

Offiziell will Van Veeteren seinen 75. Geburtstag mit Ulrike in Neuseeland feiern, den die beiden jedoch heimlich, still und leise an der Küste verbringen. Welch Zufall, dass der Urlaubsort der beiden so günstig liegt, dass der pensionierte Ermittler seinen damals vergeigten Fall wieder aufnehmen, sich mit dem Kollegen Barbarotti aus Nessers weiterer Krimi-Reihe treffen und Ulrikes gesunden Menschenverstand hinzuziehen kann. Betagte Zeugen von damals sind zu vernehmen, es gibt einen umfangreichen anonymen Brief an die Polizei, nur fehlt Van Veeteren (im Gegensatz zum Leser) lange Zeit das Gesamtbild. Dabei hat er schon auf der Polizeischule gelernt, dass in einer Region selbst Taten einen Bezug zueinander haben können, die 100 Jahre auseinanderliegen.

Die Handlung spielt auf drei Zeitebenen, die jederzeit klar zu erkennen sind, führt zwei Ermittler nebst einem Tross weiterer Kollegen zusammen und legt anfangs einige falsche Spuren aus. Ein paralleler Handlungsfaden ist das Thema Altern, das zwar genau und listig beobachtet ist, jedoch nicht jedem Leser behagen wird. Bei Håkan Nesser ist die Aufklärung seiner Fälle eigentlich Nebensache – der Weg ist das Ziel. Er schreibt, ich genieße einfach das Lesen – und habe einige seiner Bücher schon mehrfach als Hörbuch gehört. Nesser-Fans sollten zugreifen.