Wenn einen die Vergangenheit einholt
Bewertet mit 3 Sternen
Ellen hat ihren Heimatort im tiefsten Süden Deutschlands direkt nach dem Abitur verlassen, um Medizin zu studieren, heute ist sie erfolgreiche Ärztin in Hamburg. Nach der Trennung von ihrem Freund braucht sie dringend einen Neuanfang und was liegt da näher, als ein Angebot aus der Heimat anzunehmen und sich dort als Hausärztin niederzulassen. Leider sind nicht alle glücklich über Ellens Rückkehr, brechen so doch alte Wunden auf und Ellen muss sich mit Ereignissen auseinandersetzen, die sie tief im Inneren begraben glaubte.
Der Prolog des Buches hat mich direkt gepackt, wird der Leser doch Zeuge eines perfiden Mordes. Ausgerechnet Ellen kommt dazu, als der ehemalige Polizist Haußer und ein von ihm informierter Lokalreporter die Leiche an eben jener Schanze erhängt entdecken, die dem Buch seinen Titel gibt. Der Tote ist für Ellen kein Unbekannter und direkt brechen alte Wunden auf. Der Leser ahnt hier recht schnell, um was es sich bei diesen alten Wunden handelt und diese Ahnung wird dann auch in Rückblenden bestätigt. Durch diese Rückblenden wird deutlich, dass ausgerechnet Ellen ein Motiv für diesen Mord hat und es noch weitere Opfer geben könnte. Neben Ellen liefert der Autor aber auch noch reihenweise andere Verdächtige, oder aber einfach Nebenfiguren, die sich irgendwie merkwürdig verhalten. Direkt zu Beginn gibt es einen Hinweis auf den Täter und wer aufmerksam liest wird hier schnell die richtigen Schlüsse ziehen.
Leider ist Ellen als Hauptfigur, trotz ihrer traumatischen Erfahrung nur bedingt sympatisch, sie verhält sich oft irrational, teils verantwortungslos und zelebriert mir ihre selbstzerstörerischen Tendenzen zu sehr. Natürlich kann dieses Verhalten für Betroffene durchaus typisch sein, auf mich hat es aber hier zu aufgesetzt gewirkt. Die Nebenfiguren sind teils schwer greifbar und dienen teilweise nur als Statisten, so wie beispielsweise Ellens Sprechstundenhilfe. Was hingegen recht gut getroffen ist, ist die feindselige Stimmung die Ellen nach ihrer Rückkehr entgegenschlägt, begründet durch die Angst der Beteiligten, das nun Dinge ans Licht kommen könnten, an die man lieber nicht rühren möchte. Hier gibt es dann auch eine gewisse Solidarisierung mit Ellen, als klar wird, welche Absprachen damals getroffen wurden, um die Geschehnisse unter den Tisch zu kehren und wie die Beteiligten sich ihr eigenes Handeln schöngeredet haben. Da wird einem beim Lesen regelrecht übel.
Leider haben mich aber nicht nur die Figuren etwas enttäuscht, sondern zunehmend auch die Handlung an sich, die spannungstechnisch nicht wirklich ein Thriller ist. Es gibt mir in der Gesamtheit einfach zu wenig logische Handlungsfolgen. Es passiert ein Mord und die Polizei tritt quasi fast nicht in Aktion, eine Person wird seit Tagen vermisst und niemand kümmert das, selbst als das Auto des Vermissten bei Ellen vor der Tür steht tritt die Polizei nicht in Erscheinung, Ermitttlungsarbeit findet von dieser Seite keine statt. Es ist zwar nicht ungewöhnlich, das Privatpersonen auf eigene Faust ermitteln, so wie hier, aber letztlich war mir das dann doch etwas unrealistisch.
Trotz der fehlenden Spannung und der Vorhersehbarkeit der Geschichte habe ich das Buch recht schnell gelesen. Als langjähriger Thrillerfan war es mir zu seicht und kein wirklicher Thriller, da bin ich anderes gewöhnt. Für Neulinge im Genre, die es ersteinmal ruhiger angehen möchten ist es aber durchaus okay.