Rezension

Wenn es in einem jungen Leben ganz anders kommt als geplant

Liebewesen -

Liebewesen
von Caroline Schmitt

Bewertet mit 4.5 Sternen

über die Zerrissenheit im Leben zweier junger Menschen - treffend geschildert, emotional, aufwühlend und direkt

Es ist das Cover von „Liebewesen“, welches mich dazu bewogen hat, zu dem Debütroman von Caroline Schmitt zu greifen. Einerseits empfand ich es provokant und irgendwie abstoßend, auf der anderen Seiten weckte es aufgrund seiner Gegensätzlichkeit (ein Mädchen im rosa Kleid, das mit einem Gewehr in der Hand auf etwas zielt) meine Neugierde. Worum geht es nun in dem Buch, und wer sind diese Liebewesen?

Im Mittelpunkt stehen Lio und ihr Freund Max. Und so liest sich der erste Teil des Buches wie ein Liebesroman. Wir lernen die beiden Hauptprotagonist:innen kennen, erfahren, dass er Soziologie studiert hat und Lio Biologin in einem sehr interessanten Arbeitsfeld ist. Wir bemerken schnell, dass beide ihre Päckchen zu tragen haben, insbesondere Max. Ihre Beziehung und wie sie miteinander umgehen, wird auf eine sachliche und zugleich gefühlvolle Art und Weise erzählt.

Dann wendet sich die Handlung, als Lio ungeplant schwanger wird. Es erschüttert sie regelrecht. Sie, die immer alles im Griff hatte, ihr Leben und ihren Körper. Plötzlich gerät alles außer Kontrolle. Im Folgenden spüren wir Lios Zerrissenheit. Ihrer Beziehung zu Max steht sie genauso ambivalent gegenüber wie dem in ihr heranwachsenden neuen Leben.

Auch wenn die Sprache mir an manchen Stellen etwas zu direkt und zu heftig war, und auch wenn mir manchmal eine klare Linie fehlte – denn das Buch schwankt immer wieder zwischen Romanze und Psychodrama – bin ich sehr froh, „Liebewesen“ eine Chance gegeben und gelesen zu haben. Caroline Schmitt hat die passenden Worte für die Ängste und Sorgen einer jungen Generation gefunden. Ich konnte mich gut in Carolines Konflikt hineinversetzen und Verständnis aufbringen. Die Geschichte hat mir neue Sichtweisen näher gebracht und mich emotional berührt. Und das ist es, was für mich ein gutes Buch ausmacht. Auch mit Max hat sie einen starken schwachen Charakter geschaffen. Während des Lesens wurde mir zudem die Bedeutung der Vergangenheitsbewältigung noch einmal sehr bewusst.

An dieser Stelle weise ich darauf hin, dass es in dem Roman um häusliche Gewalt geht, weshalb er nicht unbedingt für jeden geeignet sein mag. Abgesehen davon empfehle ich ihn euch definitiv weiter. Für alle, die keine geradlinige Geschichte, sondern ein realistisches Abbild zweier junger L(i)ebewesen lesen möchten.