Rezension

Wenn es nur eine Figur einem richtig schwer macht...

What if we Drown - Sarah Sprinz

What if we Drown
von Sarah Sprinz

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der deutsche New Adult Autorenkreis bei Lyx hat mit Sarah Sprinz einen weiteren Namen dazugewonnen. Bei diesen wunderschönen Covern und vor allem der Tatsache, dass es sich bei der Autorin um eine Medizinerin handelt, die eine ganz andere Perspektive bereit hält, war für mich völlig klar, dass ich mich von ihren Fähigkeiten in „What If We Drown“ überzeugen würde. Auch wenn ich das Buch nun vor einigen Tagen bereits beendet habe, fällt es mir aber immer noch unheimlich schwer, ein abschließendes Urteil zu fällen. Vielleicht hilft es, meine Gedanken für diese Rezension einmal niederzuschreiben.

Zunächst bin ich begeistert, dass Sprinz sich für Kanada als Setting entschieden hat. Die USA ist mit den anderen Autoren ja genug abgedeckt, so dass ich es absolut genial finde, wenn mit Toronto/Vancouver mal etwas Neues ins Spiel kommt, zumal ich Kanada aufgrund der weiten Landschaft und der wesentlich toleranteren Bevölkerung ohnehin immer bevorzugen würde. Weiterhin finde ich es ohne Diskussion so, dass die Autorin schreiben kann. Ich finde ihren Schreibstil manchmal etwas edgy, ohne genau erklären zu können, was ich damit meine, aber am ehesten trifft es der Eindruck, dass es zig kleine Momente gab, wo ich nicht erwartet hatte, dass passiert, was passiert ist und gerade zum Kapitelende wurde es schon mal etwas abrupt, aber ich fand beides definitiv nicht schlecht. Denn es ist ein eigener Stil, eine eigene Stimme und das im breiten Feld der Veröffentlichungen zu haben, ist definitiv ein Geschenk. Und eine neue Stilistik mag erstmal etwas holprig wirken, aber es ist nur Gewöhnungssache, das habe ich beim Lesen selbst bemerkt.

Etwas schwieriger wird es schon bei den Charakteren. Während ich die Nebenfiguren bereits feiere und mich auf alle weiteren Bände freue und ich auch Hauptfigur Sam die Welt zu Füßen legen würde, ist Laurie ein rotes Tuch für mich. Aber hier kommt auch wieder dieser edgy Erzählstil ins Spiel, denn ihre Figur ist sich vollkommen bewusst, dass sie sich zu 90% der Geschichte wie ein A*** verhält. Ist es dann schlimmer oder halbwegs okay, dass sie sich so verhält? Ich bin leider zu keinem abschließenden Urteil gekommen. Ich weiß nur, dass ich oft Probleme mit weiblichen Hauptfiguren haben, aber dort ist keinerlei Selbstreflexion zu erkennen, von daher ist die Darstellung hier sicherlich ein Fortschritt, aber trotzdem macht es das Leseerlebnis dadurch nicht besser.

Ein großer Knackpunkt bei Laurie ist für mich sicherlich auch ihre Trauer um Austin. Die hat mich nämlich nicht überzeugend packen können. So wie sie sich teilweise verhalten hat, hatte ich das Gefühl, ihr großer Bruder ist erst vor zwei Wochen gestorben, stattdessen sind mehrere Jahre ins Land gezogen. Natürlich verläuft ein Trauerprozess bei jedem Menschen anders, aber trotzdem fand ich die Dramatik, die erzeugt wurde, zu viel, zumal es eben Laurie in Handlungen bestärkt, die man wirklich nicht unterstützen kann. Natürlich hatte sie auch gute Momente. Momente, in denen durchschien, was sie auszeichnet, wenn nicht alles von ihrer Trauer überdeckt wurde, aber es ist schade, dass diese Seite nicht viel eher gewonnen hat. Und das alles ist doppelt und dreifach schade, weil Sam wirklich so großartig ist in allem, dass er eigentlich eine Hauptfigur verdient gehabt hätte, die ihm in all dem würdiger gewesen wäre.

Eine letzte Anmerkung habe ich noch. Zwar hat es mir gefallen, dass es einige Momente gegeben hat, in denen etwas Unerwartetes passiert, z. B. der Moment, als sie sich zum ersten Mal küssen, den ich genau da niemals erwartet hätte, aber dem gegenüber stehen auch die Momente, in denen die Geschichte zu sehr konstruiert wirkt. Gerade zum Ende hin wurde es zu durchschaubar und da nenne ich beispielhaft, wie Sam die Wahrheit erfährt und wie die Versöhnung herbeigeführt wird. Aber das verbuche ich als Anfängerfehler, denn weichere Übergänge sind reine Übungssache, weswegen ich das hier auch nicht so hochhängen möchte.

Fazit: „What If We Drown“ ist in einigen Aspekten mit viel Potenzial versehen und besonders gefällt mir, dass Sprinz sich bereits mit einem ihrer ersten Bücher eine so eigenständige Erzählstimme zugelegt hat. Aber leider war das Lesen wegen Hauptfigur Laurie mit viel Frust versehen. Sie ist sich zwar bewusst, was sie falsch macht, aber sie macht die Fehler trotzdem weiter und das hat die Liebesgeschichte nicht so unbeschwert erscheinen lassen, wie es ihr Gegenüber, Sam, verdient gehabt hätte. Aber es ist alles da, damit die nächsten zwei Bände mich richtig überzeugen können.