Rezension

Wenn es wieder von vorn beginnt…

Heimatsterben -

Heimatsterben
von Sarah Höflich

Bewertet mit 5 Sternen

Klappentext:

„Tilde Ahrens hat den Zweiten Weltkrieg knapp überlebt. Ein Dreivierteljahrhundert später liegt die mehrfache Mutter, Oma und Uroma im Sterben und bittet kurz vor ihrem Tod ihre Lieblingsenkelin Hanna, die Familie zusammenzuhalten. Keine einfache Aufgabe, denn Hannas Schwester Trixie ist mit Felix Graf von Altdorff verheiratet: Kanzlerkandidat der nationalistischen Partei BürgerUnion, die überraschend die Wahl gewinnt. Hanna lässt sich von ihm überreden, ihn bei seiner politischen Arbeit zu unterstützen, und gerät alsbald in einen immer größer werdenden Loyalitätskonflikt, der die gesamte Familie Ahrens zu spalten droht. Denn die radikalen Kräfte in Felix‘ Partei und Kabinett treiben Deutschland an den Rand einer Katastrophe.“

 

„Heimatsterben“. Mal wieder ein Buch mit diesem aktuellen Thema, mal wieder geht es um eine Familiengeschichte und um Sorgen und Probleme, und dann kommt dann noch das obligatorische Versprechen am Totenbett einhalten zu müssen….Sie merken schon….man ist doch als Vielleser irgendwann voreingenommen und geht an solche Buchthemen etwas schleppender heran. 

Nun folgt das große ABER und warum Sie dieses Buch unbedingt lesen sollten, denn es hat mich komplett begeistert und erhält dafür 5 von 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung: Die Geschichte um Familie Ahrens und heimliches Zugpferd Tilde hat eine so enorme Strahlkraft und ist eine starke Reflexion der aktuellen politischen und menschlichen Lage unseres Landes. Was macht man denn mit einem Menschen den man liebt, der sich aber zur falschen Partei hingezogen fühlt und somit die Familie komplett spaltet?! Darf man rebellieren? Darf man das Wort „Angst“ laut aussprechen und sich fürchten?! Ja, man darf, jedenfalls sieht es Tilde so, obwohl dieser „Aufschrei“ ihr letzter sein sollte. Ein Aufschrei, den sie schonmal erleben musste und die letzten Jahrzehnte hart dafür gekämpft hat, diesen Schrei eigentlich nie wieder ausrufen zu müssen. Fehlanzeige und das auch noch kurz vor dem Ableben. Aber will man jemanden dieses „Erbe“ hinterlassen? Darf so etwas überhaupt Zukunft haben? Rechts. Ein Wort mit einer Einstellung das sitzt und in der Welt der dunkelbraunste Fleck überall ist, welcher nicht geduldet werden soll. Das Felix dabei seine Hanna auch mit „einspannt“ und die Klauen der braunen Krake ihre Tentakel ausstreckt, merken wir Leser, aber eben nicht Hanna. Wenn man als Leser manchmal so könnte wie man wöllte…Autorin Sarah Höflich geht dabei mit ganz feinen Antennen vor und zeigt dem Leser auf eine andere Art, wie Familiengeschichte auch ablaufen kann. Das von mir gedachte übliche Thema ist komplett anders von ihr angefasst worden und genial zu Ende gebracht worden. Mit klaren und präzisen Worten zeigt sie dem Leser eine Momentaufnahme wie sie wohl überall in unserem Land zu finden ist bzw. sein könnte….hinter verschlissenen Türen. Realitätsnah und auf einer gewissen Art unterhaltsam/anziehend und mahnend zugleich, hat Höflich einen feinstimmigen und wortgewaltigen Roman verfasst, der aktueller und treffender nicht sein könnte. Ich hoffe sehr, dass Höflich weiter dieser Form treu bleibt und ihre Weitsicht und ihr feines Gespür so gut in Worte packen wird wie hier - grandiose Geschichte!