Rezension

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Wenn etwas endet, beginnt etwas Neues

Das Geräusch der Dinge, die beginnen - Evita Greco

Das Geräusch der Dinge, die beginnen
von Evita Greco

Bewertet mit 4 Sternen

Im Alter von nur drei Jahren wird Ada von ihrer Mutter verlassen - und wächst bei Teresa, ihrer Großmutter auf, die sie abgöttisch liebt: Sie bringt dem kleinen Mädchen bei, auf das Geräusch der Dinge zu achten, die beginnen. Achtsam zu sein und jedes Blatt am Olivenbaum zu sehen, dass neu gewachsen ist - und nicht übersehen werden sollte. Teresa tröstet sie, wenn sie wütend aus der Schule kommt und lehrt sie, dass es wichtig ist, sich von allem etwas zu bewahren - auch das Gefühl der Erwartung auf etwas Schönes. 
Als Ada 27 ist, erkrankt Teresa unheilbar und Ada kümmert sich sehr liebevoll um ihre geliebte Großmutter. Im Krankenhaus gibt es noch eine Frau, die sich ebenfalls liebevoll um Teresa kümmert, der es immer schlechter geht: Giulia, eine Krankenschwester, mit der sich die introvertierte, sensible und zuweilen etwas zerfahrene Ada anfreundet. Eines Tages lernt Ada auch einen Mann kennen, der sie in der Cafeteria der Klinik in seinen Bann schlägt: Matteo...
Die beiden werden ein Liebespaar und Ada ist ob ihrer mangelnden Lebenserfahrung unsicher, sie vertraut sich daher Giulia an, die ihrerseits kurz vor der Hochzeit steht....
Matteo, der einzige männliche Protagonist in dem Roman, der sehr einfühlsam und sanft die einzelnen Charaktere zeichnet, spielt eine besondere Rolle: Sein Hauptanliegen ist es, niemanden zu verletzen - doch eine Entscheidung zu treffen, ist für ihn sehr schwer. Ada und Giulia sind zwei sehr unterschiedliche Frauen: während Ada sehr in ihren Traum- und Märchenwelten gefangen scheint, wirkt Giulia sehr lebenserfahren, geradlinig und pragmatisch. Sie ist - im Gegensatz zu Ada - auf der Sonnenseite des Lebens aufgewachsen, in einer wohlbehüteten und gutsituierten Kindheit mit sie sehr liebenden Eltern. Ada hingegen hatte nur ihre Großmutter, die sie mit eigenen Defiziten infizierte; etwa damit, dass sie niemals Fragen stellen sollte und alles als gegeben hinnehmen solle. Teresas 'zurückstecken können' entstand durch die Benachteiligung gegenüber ihren Brüdern und so lernte sie bereits "in den Kinderschuhen", dass sie an zweiter Stelle kam: Allerdings bewahrte sie sich ein tiefes Gefühl für "die kleinen Glücke" und rebellierte auf ihre Art: Zwei Dinge spielten für sie eine wesentliche Rolle: Ihr Lippenstift und ihre Tanzschuhe.
Während Teresa ins Koma fällt, wird Adas Beziehung zu Matteo obsessiv, ihr Abhängigkeitsverhältnis größer: Sie fürchtet um den unweigerlichen Verlust der Großmutter, der unweigerlich bevorsteht. Dieser Verlust und die Momente nach dem Tod Teresas werden von Evita Greco sehr authentisch und nahegehend (so man dieses erlebt hat, was bei mir der Fall ist) beschrieben und Ada hält sich trotz eines weiteren Schicksalsschlages sehr tapfer.
Am unsympathischsten fand ich die Figur von Matteo - er nutzt die Kraft und die Stärke beider Frauen für sich selbst, wenn er auch wohl auf seine Art beide liebt: Am Romanende gibt es unvorhersehbare Wendungen, die mich teils überraschten und die ich mir etwas anders gewünscht hätte - im Falle von Ada. Andererseits endet er sehr positiv und das fortwährende "Lächeln" steht für eine positive Zukunft, die ich nach dem Zuklappen dieses lesenswerten und auch mitunter nachdenklich stimmenden Romans Ada sehr wünsche. Ergreifend und lebensklug fand ich den Brief Teresas - der Ada über ihren Tod hinaus Kraft gibt. Stellenweise erinnert mich das Ganze aber auch an eine Art Soziogramm, auf das man sich als LeserIn einlassen sollte.

Fazit:
Ein Roman der leisen Töne, der doch tiefe und starke, sehr authentische Gefühle der drei (mit Teresa vier) Hauptprotagonisten "offenlegt"; der an Schmerzgrenzen geht, aber all' das Schöne, Verstehende zwischen Menschen (und in der Liebe) nie aus dem Blick verliert, diese zum Zentrum erklärt und zur Kernbotschaft der Lebensreisen von Ada, Matteo und Giulia macht. Von mir gibt es mit einem Dankeschön an den Thiele-Verlag 4* und 89° von 100 auf der Werteskala der "Belletristik-Couch".