Rezension

Wenn Glaube blind macht, wird es gefährlich.

Ein wenig Glaube - Nickolas Butler

Ein wenig Glaube
von Nickolas Butler

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Roman "Ein wenig Glaube" von Nickolas Butler erscheint im Klett-Cotta Verlag.

 Lyle und Peg Hovde leben auf dem Land in Wisconsin. Sie verloren ihren Sohn im ersten Lebensjahr und Lyle damit auch seinen Glauben an Gott. Mit der Adoption ihrer Tochter Shiloh wurden sie wieder Eltern, doch sie lebten sich auseinander. Shiloh wird Mutter und als der Kindsvater sie verlässt, kehrt sie mit ihrem Sohn Isaac zu ihren Eltern zurück und findet Trost in einer radikalen Glaubensgemeinschaft. Diese zieht sie immer mehr in ihren Bann, sie beginnt ein Verhältnis mit dem Pastor und auch Isaac wird in das Leben der Sekte immer mehr hineingezogen, denn ihm werden heilerische Kräfte zugesprochen. Dieses Gebahren bringt Lyle dazu, eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen. 

Der neue Roman von Nickolas Butler ist einer wahren Begebenheit aus dem Jahr 2008 nachempfunden. Das Buch dreht sich um Glaube und Fanatismus und die Schwierigkeit, sich gegen Sekten und ihre Dogmen zu wehren und dabei die involvierten Menschen nicht zu verlieren.  

Die Geschichte beginnt sehr beschaulich auf dem Land in Wisconsin und man erlebt das glückliche Großelternpaar Lyle und Peg mit ihrem fünfjährigen Enkelsohn Isaac. Sie lieben den Jungen sehr, er bringt eine fröhliche Stimmung in die Familie, die alle sehr genießen. Dieses Glück wurde schon einmal getrübt, als Adoptivtochter Shiloh sich im Teenageralter von ihren Eltern abwandte. Was sich aber mit dem Anschluss Shilohs zu einer Sekte nun zu wiederholen scheint.

In "Ein wenig Glaube"erkennt man auf beeindruckende Weise die liebevollen und ängstlichen Gefühle und den Zwiespalt der Großeltern. Sie merken, wie sehr ihr Enkel Isaac in der Glaubensgemeinschaft als heilerisches Instrument vereinnahmt wird und wollen ihn schützen.

Genauso eindringlich beschreibt Butler aber auch die Gefühle von Shiloh, die sich in der Sekte angekommen und mit der Bindung an den Pastor Steven immer enger verbunden fühlt. Steven ist ein Menschenfänger und nutzt sein Charisma, um Menschen an die Sekte zu binden. Shiloh scheint nicht zu erkennen, in welcher drohenden Gefahr sie und ihr Sohn sich befinden und rennt kopflos in ihr Unheil. Je mehr sich Lyle und Peg Shiloh zuwenden, umso mehr kehrt sie sich von ihnen ab. Die Dogmen der Glaubensgemeinschaft beginnen mit blindem Gehorsam zu wirken. 

 

Nickolas Butler erzählt ruhig und beschaulich, aber trotzdem sehr einfühlsam und mit ausdrucksstarken Worten, was sich in einem Jahr in dieser Familie abspielt. Man kann sich voll und ganz auf die Personen einlassen und sieht nebenbei die wunderschön beschriebene ländliche Idylle in bunten Bildern vorbeiziehen. Manche Szenen wie mit dem Apfellaster und den Problemen des Eisregens und dem Rettungsversuch Lyles sind mir allerdings zu ausführlich geraten.

Es ist ein Roman, der mich an dieser Familie, ihrer Liebe und ihren Problemen und Konflikten teilhaben lässt. Die Liebe zu ihrem Enkelsohn und ihrer Tochter bringen Peg und Lyle an ihre Grenzen und sie versuchen behutsam zu handeln. Es ist ein Roman, der aufrüttelt, weil viele Menschen ihren Glauben nutzen, um andere in blindem Gehorsam folgen zu lassen. 

 

Eine ergreifende Geschichte, die nachdenklich macht und die man so schnell nicht vergessen wird.  Wenn Glaube blind macht, wird es gefährlich.