Rezension

Wenn ich nicht wüsste...

Bis an die Grenze - Dave Eggers

Bis an die Grenze
von Dave Eggers

Bewertet mit 4 Sternen

Wenn ich nicht wüsste, dass ich mich mitnehmen muss, wäre ich schon längst weg….

Josie, eine Zahnärztin aus Ohio, fliegt mit ihren beiden Kindern, dem achtjährigen Paul und der fünfjährigen Ana, nach Alaska, mietet dort ein Wohnmobil und versucht, sich in der Wildnis neu zu finden...

Warum gerade jetzt und warum ausgerechnet Alaska? Nun, das ist der einzige Ort, den sie ohne Pass erreichen kann. Und Josie musste ihre Praxis schliessen….. Als der Ex dann noch die Kinder seiner neuen Verlobten vorstellen will , wird Josie von Panik ergriffen. 

Ein Abenteuerurlaub am Ende der Welt? Oh nein, so ist das nicht. In Alaska wüten Feuer, die Josie und den Kindern auf den Fersen sind und auch die Kämpfe, die Josie mit sich selbst ausficht, sind nicht von schlechten Eltern. Es ist die Reise einer Frau, die an ihre Grenzen geht – innerlich wie äusserlich und ihre Kinder sind eben mit-betroffen. So ist der achtjährige Paul der ruhende Pol der Familie; seine kleine Schwester dagegen zieht Chaos magisch an.

Es ist kein einfaches Buch, aber es berührt einen – auf die eine oder andere Art. Sehr viel ist dem Seelenleben von Josie gewidmet, ihrem inneren Zustand, der fast täglich anders ist, mal hoch, mal tief; der Persönlichkeit Josies, die in sich wie gespalten und zerrissen ist und von Schuldgefühlen und Selbstzweifeln geplagt wird. In Rückblicken erfährt der Leser immer ein bisschen mehr von Josie und ihrem Leben; das hemmt teilweise aber auch den Lesefluss. 

Es ist kein gezielter Weg zu erkennen auf dieser Reise – und auch nicht im Leben von den dreien. Josie überlässt die Kinder oft sich selbst und trifft Entscheidungen (oder eben auch nicht), die mich nur den Kopf schütteln liessen. 

Trotzdem tut diese Freiheit den Kindern gut. Es ist eine Freude mitzuerleben, wie sie reifen und sich weiter entwickeln und trotz allen äusserlichen Unsicherheiten stabil in sich sind; selbst die kleine Ana, die oft nur Dummheiten im Kopf hatte, wird ruhiger, verändert sich.

Klar war, dass die Reise irgendwann ein Ende finden muss – dass dieses komplett offen bleibt und ziemlich abrupt kommt, erscheint mir folgerichtig; wenn auch schade. Man hatte sich an die kleine Familie gewöhnt…andererseits, auch die eigene Zukunft kennt man nicht ….