Rezension

Wenn Jugendliebe mal wieder alles Interessante verdrängen muss!

Der Geschmack von Sommerregen - Julie Leuze

Der Geschmack von Sommerregen
von Julie Leuze

Bewertet mit 3 Sternen

Himmelblaue Funken. Diese spürt und sieht Sophie, wenn sie in Mattis Augen schaut. Es ist Liebe auf den ersten Blick, als er zum ersten Mal das Klassenzimmer betritt und offenbar fühlt Mattis genauso. Für beide ist es etwas völlig Neues: echte Liebe, eine von der Art, die die Liebenden über sich hinauswachsen lässt. Denn das ist in diesem Sommer wichtig für beide. Für Sophie wird es Zeit, endlich das alte Familiengeheimnis aufzuklären und endlich zulassen, dass jemand in ihr Inneres sieht und Mattis hat sein eigenes, verborgenes Geheimnis..

Tja...
Wo fange ich an? Vielleicht da, wo ich festgestellt habe, dass dieses Buch doch nur wie eine normale Liebesgeschichte ist mit netten Ansätzen? Oder da, wo ich mich ständig über diese Beziehung aufgeregt habe, über die voll bedienten Klischees?
Am besten von vorne!

Dieses Buch hatte ich kurz vor dem Erscheinen im Verlagsprogramm entdeckt und hab es gleich auf meine Wunschliste geschrieben, da mir das Cover irgendwie gefiel und der Klappentext etwas Besonderes versprach.
Dann hatte ich das Glück, bei einer Leserunde ein Exemplar zu gewinnen, aber wahrscheinlich hätte ich es mir auch noch gekauft bzw. ertauscht, wenn ich nicht ausgelost worden wäre.

Gott, ich bin so froh, dass ich zu den Gewinnern gehöre, denn ich hätte mich schwarz geärgert, wenn ich Geld für dieses Buch ausgegeben hätte!

Es fängt schon mit der Handlung an, obwohl ich da im ersten Moment noch dachte, dass genau an dieser Stelle das Besondere hervorstechen wird.

Die Geschichte beginnt zwar völlig normal und durchschnittlich, aber es wird schnell klar, dass Sophie eigentlich ganz andere Sorgen hat, als diese, die Mädchen in ihrem Alter normalerweise haben.
Sie besitzt eine Art inneren "Monitor" auf dem sich ihre Gefühle anhand von verschiedenen Farben widerspiegeln. Jedes Gefühl hat seine eigene Farbe und die tollen Beschreibungen machen Sophies Innenleben für den Leser sehr bildlich, was ich toll finde!
Ich konnte mir immer genau vorstellen, wie die Farbe über den "Monitor" läuft, springt, sprenkelt.

Außerdem mag das jetzt nach einer Fantasy-Geschichte klingen, aber ganz im Gegenteil. Am Ende des Buches gibt es eine sehr plausible und sogar wissenschaftlich begründete Auflösung des ganzen, großen Fragezeichens und ich muss die Autorin an dieser Stelle ausdrücklich loben für so eine tolle Idee!

Doch leider verliert Frau Leuze dann wieder viel zu schnell den Faden und plötzlich gibt es in dem Buch nur noch die Liebesgeschichte zwischen Sophie und Mattis. 
Alles andere wird unwichtig in der Handlung, selbst der interessante Teil mit Sophies Gabe kommt immer nur am Rande vor.

Zudem kommt noch, dass die Liebesgeschichte auch nicht gerade originell ist. Hier haben wir nämlich mal wieder das "Heißer Typ - Hässliches Entlein"-Prinzip, obwohl es vielleicht ein bisschen übertrieben ist, Sophie als hässlich zu bezeichnen. 
Naja, jedenfalls läuft es so ab, dass es für Sophie Liebe auf den ersten Blick ist, als Mattis in ihre Klasse kommt und so dann erstmal von der besten Freundin umgestylt wird (Ist ja auch eine tolle Bestätigung, wenn der Kerl dann erst mit einem redet, wenn man sich ein bisschen hübsch gemacht hat *Seriösität wieder an*!).

Ich glaube ja, ehrlich gesagt, auch an Liebe (okay, vielleicht eher Zuneigung)  auf den ersten Blick und kann daran nichts Verwerfliches finden, wenn Schriftsteller es in ihre Werke einbauen und es GUT gemacht ist.

Daran scheitert es in "Der Geschmack von Sommerregen" aber leider.
Denn wie man sich ja denken kann (und ich denke auch nicht, dass ich damit zu viel vorwegnehme, der Klappentext sagt ja schon alles!), kommen Mattis und Sophie irgendwann, eher am Anfang schon, zusammen.
Das ist auch noch nicht schlimm, eine Beziehung in einem Jugendbuch möchte man als Leser ja eigentlich auch, aber das ganze wurde mir dann schnell sehr überschnell.

Es ist nicht nur so, dass die beiden meinen, sie würden sich nach einer Woche Beziehung schon lieben, nein, sie landen auch beinahe nach einer Woche Beziehung miteinander im Bett.

Versteht mich nicht falsch! Ich finde es absolut in Ordnung, wenn in Jugendbüchern Sex vorkommt und es nicht alles so "verharmlost" wird, vor allem wenn solche Szenen auch so schön und altersgerecht beschrieben werden, wie Julie Leuze es getan hat, aber man hat doch seinen Stolz, oder? 
Immerhin kommt es ja auch nicht dazu, jedenfalls zu diesem Zeitpunkt erstmal nicht.

Jetzt ist diese Rezension schon so lang und ich bin immer noch nicht fertig mit der Handlung. Aber was soll's, die Ehrlichkeit wird siegen!

Wie oben im Klappentext schon angedeutet, gibt es ein Familiengeheimnis, das Sophie aufdecken möchte, weil es mit ihrer Gabe zutun hat.
Ihre Eltern stempeln sie nämlich immer als verrückt ab, wenn sie mit ihrem inneren "Monitor" anfängt und verbieten ihr darüber zu reden.
Eigentlich war ich auch total gespannt darauf, wie sich diese Auflösung letztendlich entwickelt, aber als es dann soweit war, wirkte es nur noch wie eine Art Pausenfüller zwischen den Knutschereien von Mattis und Sophie, es war fehl am Platz und kam mir so dazwischen gequetscht vor, obwohl es ja eigentlich andersherum hätte sein sollen, nämlich, dass das Familiengeheimnis und Sophies Gabe der Haupterzählstrang sind und die Beziehung zwischen Mattis und ihr die Pausen füllen.

Um das ganze jetzt mal abzukürzen, komme ich direkt mal zu den Hauptcharakteren, obwohl Sophie noch mehr Protagonist ist als Mattis.

Sophie mochte ich an sich ganz gern, immerhin hatte sie so viel Selbstbeherrschung nicht gleich nach einer Woche über ihren Freund herzufallen und irgendwie war sie ganz sympathisch. Ich kann nur nicht verstehen, wie man so Angst vor seinen Eltern haben kann.

Mattis ist ebenfalls ein ganz netter Charakter, obwohl er natürlich, wie sollte es sonst sein, perfekt ist. Sieht super aus, ist wahnsinnig charmant und trägt Sophie auf Händen. 
Das er so perfekt geraten ist, hat Julie Leuze dann vielleicht auch gemerkt und hat ihm einfach auch eine Merkwürdigkeit angedichtet, die zwar auch ganz interessant war, aber nicht so richtig in das Gesamtbild hineinpassen wollte.

Mehr muss man zu den Charakteren auch nicht sagen, da es sich im Großen und Ganzen wirklich nur um Mattis und Sophie dreht und die anderen mehr Statisten als Nebenrollen bleiben.

 

Fazit

An der Länge meiner Rezension und der Tatsache, dass ich noch viel mehr schreiben könnte, merke ich gerade, dass mir das Buch noch weniger gefallen hat als zuerst eingeschätzt.
Die Handlung, die zuerst so vielversprechend schien, wurde einfach nur noch langweilig und teils auch nervig und die Charaktere waren zwar allesamt irgendwie nett, aber nichts Besonderes.

Der Stil der Autorin und ihre einzigartige Idee, die immerhin ein paar Mal zum Vorschein kommen durfte, wenn sich Mattis und Sophie mal wieder zusammenreißen mussten, bringen mich doch dazu noch 3 von 5 Sternen zu vergeben und ich muss aber noch hinzufügen:
Echt schade!