Rezension

Wenn Liebe zum Albtraum wird

Ewig Dein - Daniel Glattauer

Ewig Dein
von Daniel Glattauer

Bewertet mit 5 Sternen

Zunächst sieht alles nach einer klassischen Liebegeschichte aus: Im Supermarktgedränge tritt ein Mann einer Frau auf die Fersen. Judith, Mitte 30, betreibt ein kleines Lampengeschäft in Wien und ist eigentlich glücklicher Single. Hannes ist Architekt, in den besten Jahren und äußerst charmant. Wie durch Zufall begegnen sich beide wieder und Hannes beginnt Judith nach allen Regeln der Kunst den Hof zu machen. Obwohl Judith eine selbstbewusste, eigenständige Frau ist, genießt sie es, von diesem zielstrebigen, aparten Mann begehrt und auf Händen getragen zu werden. Doch dann werden seine ständigen Liebesbeweise belastend, seine Zuwendungen penetrant. Judith beschließt, einen Schlussstrich zu ziehen und plötzlich wird aus der anfänglichen Liebesgeschichte ein Albtraum, an dessen Ende die Psychiatrie wartet. Hannes möchte einfach nicht loslassen und Judith steuert immer mehr auf eine persönliche Krise zu. Wer an dieser Stelle glaubt, es nun mit einer typischen Stalker-Geschichte zu tun zu haben, der irrt aber. So einfach macht es Glattauer dem Leser nicht. Das raffinierte an diesem Roman ist nämlich, dass der Leser bald nicht mehr weiß, wer hier nun verrückt ist: Ist Hannes wirklich ein Stalker oder steigert sich Judith hier in etwas hinein? Glattauer behält sogar seinen Erzählton bei: lakonisch, hart an der Grenze zur Mündlichkeit, ironisch und mit viel Situationskomik. Und so nimmt die Geschichte Wendungen, mit denen man nicht unbedingt rechnet. Sehr gut gelungen sind Glattauer auch seine Charaktere, vor allem Judiths Innenleben wird extrem gut beschrieben. Ein wirklich außergewöhnlicher Roman mit vielen Elementen, fesselnd geschrieben und sprachlich ambitioniert.