Rezension

Wenn man ins Dunkel schaut ...

Totenprediger - Mark Roberts

Totenprediger
von Mark Roberts

Bewertet mit 4.5 Sternen

Temporeich und spannend, so liebe ich Thriller und deshalb hat mich Mark Roberts auf ganzer Linie überzeugt.

Wenn ein Thriller mit der Vergangenheit der Ermittlerin beginnt, dann hat das schon seinen Grund. Der Prolog ist extrem kurz gehalten und zum einen lerne ich hier die 'kleine' Eve kennen und natürlich bin ich neugierig auf den Zusammenhang mit dem, was in der Gegenwart passiert. Und das ist nicht ohne. Wenn eine komplette Familie niedergemetzelt wird, dann wird es blutig. Mark Roberts schildert zwar nicht überschwänglich, aber doch so deutlich, dass ich mehrfach heftig schlucken musste. Gleichzeitig ist seine Sprache für einen Thriller erstaunlich bildhaft und fast schon poetisch:

'Draußen pfiff und seufzte der Wind, drückte sich an die Wände und strich über das Schrägdach, umfing das Haus wie eine tote Geliebte' S. 24

Die ganze Story spielt sich lediglich an vier Tagen ab, die einzelnen Kapitel (insgesamt 94) sind extrem kurz und jeweils mit der Uhrzeit übertitelt. Da geht es teilweise im Minutentakt vorwärts. Das hat für mich die Spannung enorm gesteigert, denn in diesen vier Tagen passiert überraschend viel.

Die meiste Zeit wird aus der Sicht von Eve erzählt und ich kann ihre Ermittlungen sehr gut verfolgen. Ein paar Ausflüge in ihre Vergangenheit und in den Sicherheitstrakt zu Adrian White runden das Gesamtbild perfekt ab. Ich tappe lange im Dunkeln. Es ist von Anfang klar, dass Adrian White eine wichtige Rolle spielt, aber erst am Ende werden alle Zusammenhänge aufgedeckt. Das hält den Spannungsbogen hoch und lässt mich mitfiebern. Zwischendurch hatte ich die Befürchtung, dass es zu übersinnlich wird, denn das mag ich nicht so gerne. Aber es löst sich alles sehr glaubwürdig auf, wobei Mark Roberts noch mit einigen Überraschungen aufwartet.

Eve mochte ich von Anfang an, ich konnte vieles nachvollziehen und ihre Handlungen waren absolut authentisch. Da ich ihr die meiste Zeit über die Schulter schaue, ist es für mich immer wichtig, die Hauptperson zu mögen. Adrian White hat mich nur ganz am Anfang entfernt an Hannibal Lecter erinnert. Aber außer den strengen Einzelhaftbedingungen blieb dann nicht viel Gemeinsames übrig. White war mir etwas zu strange und überzeichnet, aber eine starke und wichtige Persönlichkeit. Mehr als einmal dachte ich, wie 'krank' kann ein Mensch sein. Mit Eve hat Mark Roberts eine würdige Gegenspielerin für Adrian White kreiert.

Fazit: Temporeich und spannend, so liebe ich Thriller und deshalb hat mich Mark Roberts auf ganzer Linie überzeugt.