Rezension

Wenn man sich nicht entscheiden kann, was für ein Buch man schreiben willl...

Magonia - M. D. Headley

Magonia
von M. D. Headley

Bewertet mit 3.5 Sternen

... sollte man sich auf jeden Fall für eine Stilrichtung entscheiden. Maria D. Headley hat das nicht getan und damit Potential und Ideen für eigentlich zwei komplett unterschiedliche Bücher schlichtweg verschenkt.

Einerseits besticht und begeistert Magonia, gerade im ersten Drittel, mit wahnsinnig sympathischen Protagonisten, die vor Intelligenz, Sarkasmus, Selbstironie und Chemie untereinander nur so sprühen. Aza und Jason sind seit frühester Kindheit beste (und so ziemlich einzige) Freunde. Sie, die mit der mysteriösen Lungenkrankheit, er, der sich gerne mal in zwanghaftes Verhalten Flüchtende. Zusammen führen sie einen fast täglichen Wettkampf, wer mehr Nachkommastellen von Pi auswendig kann und wer die abstrusere Info findet, die der andere noch nicht kennt. Unausgesprochen, aber doch täglich bewusst schwebt über beiden die niedrige Lebenserwartung von Aza, die Jason (heimlich) zu immer neuen Recherchen (über die abstrustesten Wege, ein Hacker vor dem Herrn!) antreibt, hat er es sich doch in den Kopf gesetzt, dass er Aza retten wird. Kurz vor Azas 16. Geburtstag traut sich Jason endlich, Aza einen ersten Hinweis darauf zu geben, dass er nicht nur platonische Gefühle für sie hegt. Doch dann hat Aza Atemprobleme wie nie zuvor und...

... und es beginnt 'Andererseits'. Andererseits hat sich Headley eine komplett neue Welt über den Wolken ausgedacht, in der unterschiedlichste Wesen den Himmel bevölkern und mit ihren Fähigkeiten das Wetter bestimmen. Aza ist eigentlich eine von diesen 'Magoniern'. Sie, die niemals richtig Luft holen konnte ist eigentlich eine Meistersängerin mit der Macht, die Elemente zu beherrschen. Ihre Mutter, die sie endlich wiedergefunden hat, hat große Pläne mit Aza und stellt ihr einen Gesangspartner an die Seite, der ihren Gesang vervollständigt. So eigenständig und stark ist der gemeinsame Gesang, dass Aza bei Singen sogar die Kontrolle darüber verliert. Doch noch kennt Aza nicht die vollständigen Pläne ihrer Mutter, und ist sich nicht bewusst, wofür sie wirklich eingesetzt werden soll...

Wenn man das erste mit dem zweiten Drittel vergleicht, ist es, als würde man zwei unterschiedliche Bücher lesen. Der Teil auf der Erde ist sehr realitätsnah, wahnsinnig gut geschrieben und gleichzeitig lustig wie zutiefst traurig. Erinnert an Nick Hornby oder John Green, ist aber noch besser. Nicht nur die Sprache ist überzeugend, durch bestimmte, neue Schreibweisen/Zeichen { } wird dem ganzen ein besonderer Stempel aufgedrückt, der die Charaktere der individuellen Figuren großartig unterstreicht. Großes Kompliment. Im zweiten Teil geht es mehr um die Erklärung der phantastischen Welt, der Humor bleibt komplett auf der Strecke. Im letzten Teil wird beides vermischt.

Wenn Headley sich dazu entschlossen hätte, ein komplett in der realen Welt spielendes Jugendbuch zu schreiben, in der Aza und Jason dem Alltag trotzen und irgendetwas Abstruses erleben (oder einfach erwachsen werden, kann ja bisweilen das gleiche sein), hätte ich das Buch bzw. die Autorin als DIE Entdeckung gefeiert. Hätte sie hingegen einen phantastischen Roman über ihr Magonia geschrieben, und darüber, wie ein neues Mitglied diese Welt und ihre Rolle darin entdeckt, wäre es ein wirklich gutes Buch geworden, weil die Ideen so komplett neu sind. Aber beides zusammen funktioniert irgendwie in meinen Augen nicht. Dazu ist der Unterschied und der Bruch zwischen den beiden Welten einfach zu groß, insbesondere weil die Hauptfigur ihren Charakter total ändert bzw. verliert. Schade, schade - irgendwie hat sie es dadurch total vermurkst. :(