Rezension

Wenn niemand dir glaubt

Das Moorkind -

Das Moorkind
von Alma Lundt

Bewertet mit 5 Sternen

Martha ist Kinderärztin und ordnet ihrer Arbeit nicht nur ihre Beziehung unter, auch auf die eigene Gesundheit nimmt sie wenig Rücksicht wenn es gilt wiedereinmal eine Doppelschicht zu überstehen. Bald schafft sie es nur noch mit den verschiedensten Pillen durch den Tag, da sind welche zum Wachbleiben, welche zu Einschlafen und noch einige mehr. Als sie unter Einfluss der Medikamente glaubt ein totes Kind wäre von ihrer Station verschwunden, wird sie in eine Entzugsklinik eingewiesen um ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Wieder entlassen ist in diesem Leben aber nichts mehr wie vorher, ihr Partner ist aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen, ihr Chef verweigert die versprochene Rückkehr in den Job und sogar ihr Kater will sich nicht mehr von ihr anfassen lassen. Dann sind da auch immer noch die bruchstückhaften Erinnerungen an die Nacht in der das Mädchen verstorben ist, von dem Alle behaupten, dass es es nie gegeben hat.

Alma Lund liefert hier einen atmosphärisch dichten Thriller, der den Leser auf der psychologischen Ebene packt und fesselt. Hautnah ist man dabei, wenn Martha verzweifelt versucht ihr Umfeld von der Richtigkeit ihrer Behauptungen zu überzeugen und ihr Niemand Glauben schenkt. Diese verzweiflung ist fast durch die Seiten des Buches spürbar, es hat mich beim Lesen wütend gemacht zu sehen wie Martha hier selbst von nahestehenden Personen behandelt wird. Ich war aber auch sehr schnell wütend auf Martha selber, weil sie sich eben so irrational verhalten hat, dass es eben auch so schwer war ihr zu glauben. Mehr als einmal wollte ich sie an der Schulter packen und sagen, nun komm doch mal runter, dein Verhalten macht alles nur noch schlimmer, denk rational, wenn du dich wie eine Verrückte verhälst, dann halten dich auch alle für verrückt. Natürlich kann ich hier aus meinem Sessel heraus gut reden, wahrscheinlich würde ich es nicht anders machen in einer solche Situation. Die Autorin hat diese Stimmung so gut umgesetzt, diese Frustration, wenn einem nicht gelaubt wird und man infolgedessen auf sich allein gestellt ist. 

Passend zu dieser frustrierenden Grundstimmung passt auch das restliche Setting der Geschichte. Die Handlung spielt im grauen, vernebelten November. Das kleine, versteckt liegende Dorf am Moor, mit fast schon sektenähnlichen Strukturen und die vordergründig freundlichen Figuren, die aber alle irgendwie etwas verbergen. Schnell glaubt der Leser, genau wie Martha auch die Hintergründe der Geschehnisse zu verstehen, wobei meine Vermutung nochmal eine andere war als die von Martha und wir letztlich Beide einsehen mussten, das in diesem Buch nichts so ist wie es scheint.

Eine spannende, bedrückende Geschichte, die ich innerhalb weniger Stunden in einem Rutsch weggelesen habe. Ich hoffe es kommt noch mehr von Alma Lund.