Rezension

Wenn Schönheit hässlich wird

Das Bildnis des Dorian Gray
von Oscar Wilde

Bewertet mit 4 Sternen

~~Über Oscar Wilde und seinen Dorian Gray wurde schon so viel geschrieben, dass es quasi unmöglich ist, bei einer Rezension bereits Gesagtes nicht zu wiederholen. Daher möchte ich mich an dieser Stelle wirklich nur auf meinen ganz persönlichen Lese-Eindruck beschränken.
Sprachlich war mir die Lektüre ein Genuss, auch wenn ich leider nur in deutscher Übersetzung gelesen habe, was sicher ein Manko ist. Bis auf wenige Passagen empfand ich die Erzählung als sehr kurzweilig.
Der Stückeschreiber Wilde amüsierte mich vor allem durch seine pointierten Dialoge, durch die er die sogenannte "feine" Gesellschaft seiner Zeit trefflich karikiert.
Jugendwahn, Genusssucht, Oberflächigkeit - alles Themen, die an Aktualität seit dem ersten Erscheinen des Romans nichts verloren haben.
Was mich an dieser Geschichte jedoch immer wieder aufs Neue gefangen nimmt, ist die Diskussion über den Wert bzw. die Aufgabe von Kunst, die dieser Roman aufwirft.
Als Anhänger der l'art pour l'art-Bewegung definierte Wilde Kunst ganz klar als etwas das schön zu sein habe. Äußere Schönheit war ein Wert, den er in Kunst und - wenn man seinen Biografen folgt - auch in seinem Leben stets postulierte.
Und doch stellt dieser Roman, dieses rein ästhetische Manifest ganz klar in Frage, denn die Kunst hat genau wie das Leben, so zeigt es Wilde in seinem Roman sehr deutlich, immer auch eine Verantwortung.
Auf die Frage, was Kunst im Grunde wirklich definiert, mag für sich selbst jeder Einzelne eine Antwort finden. Wilde liefert mit seinem Roman einen wunderschönen Anreiz diese Grundsatzdiskussion aufzunehmen.