Rezension

Wenn Träume, Schäume sind ...

Wovon wir träumten - Julie Otsuka

Wovon wir träumten
von Julie Otsuka

Bewertet mit 4 Sternen

Anfang des 20. Jahrhunderts machen sich viele japanische Frauen auf den Weg nach Amerika, um dort japanische Einwanderer zu heiraten. Sie kennen ihre Ehemänner nicht und auch diese Männer haben sich ihre Frauen über einen Heiratsvermittler ausgesucht. Unter den Frauen herrscht ein großes Bangen auf der Überfahrt, aber auch die Hoffnung auf ein gutes Leben. Ihre Ankunft ist ernüchternd, denn ihre Männer sehen selten, wie die auf dem Foto aus und statt Wohlstand, erwartet sie harte Arbeit. Welche Schicksale werden sie erwarten? Wird es besser werden? Oder hat die Zukunft noch schlimmer Dinge mit ihnen vor?

Wovon wir träumten, hatte mich damals angesprochen, einmal wegen des wunderschönen Buchcovers und auch weil das Thema Japan eine Rolle spielte. Aber war ich damals wirklich darauf vorbereitet, dass dieses Büchlein über Epochen geht und das Schicksal vieler Frauen wiedergibt? Ich glaube nicht wirklich, obwohl es ja klar und deutlich auf dem Buchrücken steht, hatte ich irgendwie eine andere Vorstellung. Nun habe ich es Jahre später endlich zur Hand genommen und gelesen.

Ich glaube, was sofort beim Lesen auffällt, ist die gewählte Sprache der Autorin. Sie gibt nicht einer Frau eine Stimme, sondern allen, wie in einem kleinen Mikrokosmos kommt jede zu Wort, ohne wirklich zu sprechen. Die Autorin fängt ziemlich gelungen jedes Schicksal ein und gibt ihren Kapiteln immer ein übergreifendes Thema, wie, die Überfahrt, die Ankunft, das Einleben, Kinder und so weiter. Dabei erzählt sie nicht nur das Geschehene, sondern zählt endlos jedes Schicksal der Frauen auf. Was mich am Anfang allerdings unglaublich beeindruckte, wirkte bei mir mit jeder Seite abstumpfender, denn wenn man nur noch Schlechtes und Grausames liest, kann man es selber nicht mehr ertragen und verschließt sein Inneres. So konnte ich nicht jedes Schicksal tragen und ratterte nur noch die Zeilen bis Kapitelende runter. Es ist unglaublich schmerzvoll, was diese Zeit mit den Frauen gemacht hat.

Was mich immer wieder noch schockt und wütend macht, ist die historische Geschichte von Amerika. Der Befreiungsstaat, wo träume wahr werden und man alles Erreichen kann und dann erfährt man, was sie mit ihren eigenen Einwanderern gemacht haben. Natürlich wird dieses Thema schön ruhig gehalten und die Vorwürfe auf andere Nationen gerichtet, ohne sich selbst an die Nase zu packen. Deshalb finde ich solche Bücher gut und fand diesen Leidensweg einer ganzen Generation wichtig, auch wenn die Schicksale nicht leicht zu verdauen sind.

Diese Frauen wurden von ihren Träumen bitter enttäuscht und mussten einen schweren Leidensweg gehen. Durch ihre Traditionen geprägt fiel ihnen der Anschluss und das Leben in der neuen Welt schwer, selbst ihre Kinder verleugneten später ihre Herkunft und trotzdem haben sie ihr Schicksal ertragen und sind ihren Weg durch viele schwere Hürden gegangen, um dann doch leise zu verschwinden. Eine unglaublich mutige, aber auch traurige und berührende Geschichte.