Rezension

Wer bei Meerjungfrauen nur an Arielle und Disney denken kann wird hier eines Besseren belehrt.

Aquarius - Thomas Finn

Aquarius
von Thomas Finn

Bewertet mit 4 Sternen

Jens Ahrens ist Berufstaucher und gerade auf Einsatz in der Nordsee, als er und sein Partner durch ein Unglück unter Wasser getrennt werden. Jens verliert das Bewusstsein und kommt an einem Strand wieder zu sich. Bevor er sich orientieren kann sieht er eine junge Frau, die ihm jedoch keine Hilfe ist, sondern ihn vielmehr K.O. schlägt. Gefesselt und außer Gefecht gesetzt erwacht er in einem Verließ. Dort ist er zusammen mit einem weiteren älteren Gefangenen eingesperrt. Dieser ermöglicht ihm die Flucht und macht ihn gleichzeitig auf ein Geheimnis aufmerksam, dass den Tod für viele Menschen in wenigen Tagen bedeuten könnte. Wieder in Freiheit setzt Jens alles daran seinen Mitgefangenen aufzuspüren und zu befreien und kommt damit gleichzeitig einem uralten Mythos auf die Spur, der nicht so romantisch ist wie in den Sagen und Märchen.

“Aquarius” ist der zweite Roman von Thomas Finn, den ich gelesen habe und wird definitiv nicht mein letzter bleiben. Einen besonderen Stellenwert hat dieses Buch für mich, da es in einer Gegend spielt, neben der ich aufgewachsen bin. Der Handlungsort ist Nordfriesland (in Schleswig-Holstein. Ja, über Hamburg gibt es da noch sowas und nicht gleich Dänemark). Ich kannte bisher keine Bücher, die in meiner Heimat spielen und daher war dies für mich ein ganz besonderes Erlebnis. Ich konnte Landschaften blind nachvollziehen und habe den Feddersen, einen kleinen Nebencharakter, der nur kurz auftaucht, sehr gefeiert.

Jens Ahrens ist ein impulsiver Mann in den besten Jahren, den das Meer seit jeher fasziniert hat. Ohne Familie und ohne Lebensgefährtin reist er von einem Auftrag zum nächsten und findet sich zu Beginn des Buches in der Nordsee wieder. Ich würde ihn nicht unbedingt als sympathisch beschreiben, aber er steht für seine Werte ein und steht seinen Freunden äußerst loyal gegenüber.
Nach seiner Flucht aus dem Verließ seiner Entführer kommt er mit der Dorfpolizistin Meike Ehlers in Kontakt, die seinen Fall betreut und zeitgleich noch eine Menge anderer seltsamer Fälle zu lösen hat, in denen zum Beispiel ihre Vorgängerin in einer Telefonzelle ertrunken ist. Meike hat sich mit Absicht in das eigentlich beschauliche und ruhige Egirsholm versetzen lassen um Gras über ihre berufliche Vergangenheit wachsen zu lassen.

Egirsholm ist ein nordfriesisches Küstendorf mit einem besonders hohen Anteil reicher Einwohner und einflussreicher Frauen. Besonders Firmen, die sich mit dem Meer beschäftigen, haben hier ihren Sitz, dem normalen Tourismus steht man aber kritisch gegenüber. Man möchte unter sich bleiben und daher rennen Jens und Meike schnell gegen die ersten Mauern, als sie zusammen zu ermitteln versuchen, was hinter dem Entführungsfall steckt und wo Volker Rhode stecken könnte, der Jens zur Flucht verholfen hat.
Als jedoch die Leiterin des Hotels, in welchem Jens untergekommen ist, in einem geschlossenen Raum ertrinkt und Jens kurz darauf dort eintrifft sieht er etwas, was sein Leben für immer verändern wird. Und dieses Etwas muss aufgehalten werden.

Das Buch beginnt mit einem besonders spannenden Prolog und geht dann auch hochgradig weiter. Jens wird unfreiwillig von einem Unglück in die nächste Misere gescheucht und findet sich bald in einer Sage rund um den Mythos Meerjungfrau wieder, die sein Leben verändert. Die Geschichte unterhält erstklassig, spannend und schnell. Für mich als fischigen Kohlkopf hätten zwar einige ausführliche Beschreibungen der norddeutschen Lebensweise etc. nicht Not getan, aber das liegt einfach daran, dass mir dies im Blut mitgegeben wurde. Jemand von außerhalb wird diese Erklärungen brauchen. Zum Schmunzeln brachte mich daher eine Stelle in der ersten Hälfte des Buches, an der Meike Jens darauf aufmerksam machte, dass sie keine Erklärungen bräuchte, da sie dort leben würde.

Die Charaktere sind erwachsen und in sich gefestigt, erleben ein gruseliges Abenteuer der wässrigen Art, welches sie zwar nicht verändert oder weiterentwickelt, das für sie aber einige ungeahnte Wendungen parat hält. Generell sind nicht alle handelnden Personen im Laufe der Handlung das, was sie zu sein scheinen und so bleibt das Ende eine lange Zeit offen und undurchsichtig, wenn man auch Vermutungen hat.

Mir hat “Aquarius” wirklich gut gefallen und Thomas Finn steigt nach dem für mich wirklich grandiosen Buch “Schwarze Tränen” weiter auf in der Riege der Autoren, die ich lesen will und muss. Popcornkopfkino vom Feinsten, spannend und rasant vom Anfang bis zum Ende. Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Finn, gerne auch wieder in Norddeutschland spielend.