Rezension

Wer bist du - und wie verändert dich Afrika?

Schutzzone - Nora Bossong

Schutzzone
von Nora Bossong

Bewertet mit 3 Sternen

Mira Weidner ist Anfang 30 und arbeitet in der unmittelbaren Gegenwart für die UN. Sie ist in den letzten Jahren  gependelt zwischen Büroarbeit an Gutachten, internationalen Konferenzen und Krisenregionen wie Ruanda. Ihr Jetten von Ort zu Ort und Hotel zu Hotel  spiegelt sich in einem Text wieder, der zwischen Miras Kindheit als Neunjährige, der Gegenwart und ihrem Aufenthalt in Ruanda hin- und herspringt. Prägend war für  Mira die Begegnung mit der Familie von Milan und seinem Vater Darius,  die sie aufnahm, als ihre Eltern sich trennten. Den 9 Jahre älteren Milan hat Mira natürlich umschwärmt, stärker noch muss ihr die Welt der Diplomatie imponiert haben, aus der Milans Vater  Süßigkeiten mitbrachte, die mit fremden Schriftzeichen gekennzeichnet waren. Inzwischen selbst mit den Krisenherden der Gegenwart vertraut, wird ihr erst jetzt klar, dass Darius die Gefahr sorgsam vor ihr verborgen haben muss, in der er sich auf seinen Missionen befand. Mira verbringt ihre Zeit in der Subkultur der Expats, modernen Nomaden,  die dauerhaft im Ausland berufstätig sind. Wer in martialisch bewachten Wohnanlagen  residiert, in gepanzerten Fahrzeugen herumgefahren wird und täglich einen Haufen Plastikmüll erzeugt, wird irgendwann zum Zyniker. Miras Gedanken  kreisen immer wieder um ihre nicht gelebte Beziehung zu Milan. Die Frage scheint dagegen in den Schatten zu treten, ob ihre Tätigkeit als nichtkommerzielle Weltretterin ihr Erfolgserlebnisse vermittelt oder ob sie als Krankenschwester im Entwicklungsdienst nicht zufriedener wäre.

Nora Bossongs Roman spielt zwischen 1994 und 2017, u. a.  in Genf, New York, Berlin und Bujumbura/Burundi. Die Welt der Diplomatie und ihres Personals könnte höchst interessant sein, wenn dieses Personal ein Minimum an Selbstkritik entwickeln würde. Schutzzone hat mich nicht überzeugt, weil mir die Zersplitterung  der Szenen auf  zu viele Schauplätze und Zeitebenen zu aufgesetzt erschien. Ließe  man das  Namedropping  und literarische Posieren weg und würde Mira die Beziehung zu Vater- und Bruderfigur souveräner und  reifer reflektieren, hätte sich dahinter ein lesenswertes Thema verbergen können.