Rezension

Wer "Die Flucht" nicht mochte, wird auch mit "Die Ankunft" nicht glücklich...

Cassia & Ky - Die Ankunft - Ally Condie

Cassia & Ky - Die Ankunft
von Ally Condie

*Worum geht's?*
Cassia und Ky haben es geschafft: Sie haben sich in den tödlichen äußeren Provinzen wiedergefunden, das Quartier der Erhebung entdeckt und sich ihr angeschlossen. Aber ihr Glück ist nur von kurzer Dauer. Die Erhebung hat unterschiedliche Aufgaben für die beiden Liebenden und so müssen sie wieder getrennte Wege gehen, obwohl sie sich doch eben erst gefunden haben. Cassia soll als Sortiererin in der Hauptstadt Central Informationen für die Rebellen sammeln, während Ky als Pilot ausgebildet wird. Auch Indie und Xander erledigen ihre Verpflichtungen innerhalb der Erhebung sorgfältig, denn schon bald ist es soweit: Die Erhebung wird die Gesellschaft zu Fall bringen. Sie will einen Virus in Umlauf bringen, der die Bürger dazu zwingen wird, der Gesellschaft den Rücken zu kehren und sich der Erhebung anzuschließen, die das Heilmittel besitzt. Anfangs läuft alles, wie geplant. Doch dann mutiert der Virus...

*Kaufgrund:*
Die "Cassia & Ky"-Bücher von Ally Condie gehören zu meinen absoluten Lieblingen. Ich liebe Condies Dystopie und ihre Charaktere, habe die ersten zwei Bände verschlungen und habe dem großen Finale "Die Ankunft" lange entgegen gefiebert. Für mich war klar: Sobald das Buch zu haben ist, steht es in meinem Regal!

*Meine Meinung:*
Der letzte und längste Teil der "Cassia & Ky"-Trilogie, "Die Ankunft", ist in fünf große Abschnitte unterteilt. Die ersten drei Teile beschäftigen sich mit den Hauptcharakteren der Geschichte: Cassia, Ky und nun auch Xander. Nach den Ereignissen aus "Die Flucht", nachdem sie sich endlich wiedergefunden haben, mussten sich Cassia und Ky wieder trennen und in verschiedenen Bereichen ihre neue Aufgabe innerhalb der Erhebung erfüllen. Während Ky als Pilot ausgebildet wird und Xander undercover als Funktionär und Arzt der Gesellschaft arbeitet, verschlägt es Cassia in die Hauptstadt Central, in der sie als Sortiererin Informationen sammeln soll und zugleich als Händlerin für die Archivisten arbeitet. Jeder der ersten drei Teile erzählt die Geschichte der drei Charaktere parallel zueinander weiter, konzentriert sich dabei aber vor allem auf den Handlungsstrang des Protagonisten, auf die sich der Abschnitt bezieht.

Mit dem vierten und dem fünften Abschnitt des Romans, die übrigens länger sind als alle drei anderen Teile zusammen, kommt die Geschichte erst richtig ins Rollen. Während sich Ally Condie in den ersten 250 Seiten vor allem mit ihren drei Hauptcharakteren beschäftigt und noch einmal aufzeigt, wie extrem sie sich verändert haben, geht es auf den restlichen Seiten um den Kampf gegen das System, der sich langsam, aber sicher zum Kampf gegen eine Krankheit entwickelt. Der Virus, den die Erhebung in die Gesellschaft geschmuggelt hat, mutiert und wendet sich erbarmungslos gegen seine eigenen Entwickler. Ob Bürger, Anomalie oder Aberration, ob Anhänger der Gesellschaft oder Kämpfer der Erhebung - all diese Dinge sind nun nicht mehr wichtig, denn die Krankheit macht vor niemandem halt.

Die Seuche, die sich unkontrolliert ausweitet und die Menschen in Angst und Schrecken versetzt, ist das Hauptthema der Geschichte. Sie fordert schon bald ihre ersten Opfer - und darunter sind nicht bloß unbekannte Gesichter der Gesellschaft. Auch vielversprechende Nebenfiguren, über die man gerne mehr erfahren hätte, und liebgewonnene Hauptcharaktere, die man auf keinen Fall verlieren will, erkranken an der Seuche und müssen um ihr Leben kämpfen. Die Krankheit ist ein kraftraubender Gegner, der selbst Personen mit stärkstem Willen in die Knie zwingt, und so wird sich der ein oder andere Leser in "Die Ankunft" leider von einem seiner Lieblingscharaktere verabschieden müssen.

Die Suche nach dem Heilmittel erweist sich als aufregendes Rätsel, das die Nerven der Leser definitiv auf die Folter spannt. "Die Ankunft" braucht keine wilden Schießereien und brutale Kämpfe, um einen an die Seiten zu fesseln. Allein die Sorge um die verschiedenen Figuren, die einem im Laufe der drei Bücher ans Herz gewachsen sind, reicht völlig aus, um die Spannung in die Höhe zu treiben und auch auf einem hohen Level zu halten. Schließlich ist die Suche nach dem Gegenmittel ein Wettlauf gegen die Zeit - und mit jeder Seite, die man umschlägt, könnte es bereits zu spät sein.

Nachdem sich Ally Condie bereits in "Die Flucht" dazu entschieden hatte, die Geschichte aus einer weiteren Perspektive zu erzählen und somit einen Blick ins Kys Gedanken zu erlauben, nimmt sie nun noch einen weiteren Charakter hinzu. Im abschließenden Band der "Cassia & Ky"-Trilogie erhält auch Xander, Cassias vom System auserwählte Partner, die Möglichkeit, die Handlung aus seiner Sicht der Dinge zu schildern. Nachdem er in "Die Flucht" sein großes Geheimnis lüftete, wollte ich unbedingt mehr von dem angehenden Arzt und "Undercover-Funktionär" erfahren. Wie ist er überhaupt auf die Erhebung aufmerksam geworden? Wie hat er es geschafft, dieses Geheimnis so lange in sich zu wahren? Und wie geht es ihm eigentlich nach allem, was ihm zugestoßen ist? Während seiner Kapitel erhält man einen tiefen Einblick in Xanders Gedanken und Gefühle, für die ich Ally Condie sehr dankbar bin. Ohne seine eigene Perspektive hätte ich den sympathischen und mutigen jungen Mann niemals richtig verstanden.

Leider muss ich zugeben, dass ich mir im letzten Band etwas mehr "Cassia & Ky" gewünscht hätte. Ally Condie lässt ihre zwei Hauptcharaktere wieder einmal glänzen und begeistert die Fans mit den außergewöhnlichen Rollen, die sie ihnen schenkt, aber für romantische Szenen ist in "Die Ankunft" leider kaum Platz. Die Umstände erlauben es den beiden Liebenden nicht, ihre Gefühle auszuleben wie in "Die Auswahl" oder voneinander zu träumen wie in "Die Flucht". Durch ihre unterschiedlichen Verpflichtungen sind sie meist viele Kilometer voneinander getrennt und selbst dann, wenn sie endlich beisammen sind, müssen sie sich vor allem um andere Dinge kümmern und sorgen. Erst sehr spät kommt man als Fan wieder in den Genuss der romantischen Szenen, die das eigene Herz höherschlagen lassen. Es hätte ruhig ein wenig mehr sein dürfen - auch zwischendurch!

Der Abschluss der Trilogie hat mir bedauerlicherweise nicht alle Antworten geliefert, die ich gerne bekommen hätte. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte die Autorin noch weitere 600 Seiten geschrieben, um mir alle Fragen zu beantworten, die mich zu dieser Buchreihe und ihrem Ende beschäftigen. Ally Condie hat sich allerdings dagegen entschieden, einen klaren Schlussstrich unter ihre Trilogie zu ziehen. Eine weitere Fortsetzung ist wohl eher nicht zu erwarten, schließlich ist die Geschichte um Cassia und Ky als solche abgeschlossen. Trotzdem lässt Condie ihren Lesern noch genügend offene Fragen zurück, damit man seiner eigenen Fantasie freien Lauf lassen und die Geschichte für sich noch ein wenig weiter träumen kann.

Ally Condies Schreibstil ist erneut ein absolutes Highlight. Mit ihrem poetischen Schreibstil und ihren emotionalen Bildern schafft sie es immer wieder aufs Neue, ihre Leser tief in ihren Herzen zu berühren und zum Nachdenken zu bewegen. Sie schreibt nicht bloß eine Geschichte, sie erzählt von puren Emotionen und unglaublichen Gefühlen, die manch ein Autor nicht einmal in Worte fassen kann. Condie schreibt nicht bloß von Liebe, sie zeigt sie in all ihren Facetten und Farben und verpackt sie in wunderschöne Worte, die man nicht mehr vergessen möchte. Kaum eine Buchreihe in meinem Bücherregal hat so viele mit Post-Its markierte Textstellen wie die Trilogie von Ally Condie!

*Cover:*
Von den drei "Cassia & Ky"-Covern mag ich dieses am wenigstens, trotzdem ist es ein echter Hingucker, den man gerne im Regal betrachtet. Cassia, die in einem wunderschönen roten Kleid steht, ist nun endgültig aus der Kugel ausgebrochen und kämpft zusammen mit Ky und Xander mit all ihrer Kraft gegen die Gesellschaft. Wenn es Grafiker schaffen, die gesamte Geschichte des Romans in ein Bild zu fassen, dann haben sie es definitiv richtig gemacht. Hut ab!

*Fazit:*
"Die Ankunft" ist ein großartiger Abschluss einer fantastischen Dystopie, die mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat. Ich bin mir sicher, dass dieser Roman von den Fans wieder zwiespältig aufgenommen werden wird, wie es bereits mit "Die Flucht" der Fall war. Denn auch diesmal bleibt Ally Condie ihrem Stil treu und schafft eine "ruhige" Spannung, die aufregend ist, ohne eine blutige Rebellion und schreckliche Kämpfe zu gebrauchen. "Cassia & Ky" ist eine besondere Dystopie, die mit puren Emotionen und nicht mit unschuldig vergossenem Blut geschrieben wurde. Ich vergebe gute 4 Sterne.