Rezension

Wer entscheidet über den Tod?

GOTT -

GOTT
von Ferdinand von Schirach

Bewertet mit 5 Sternen

ALLGEMEINES

In Ferdinand von Schirachs Theaterstück „GOTT“ geht es um eine brandaktuelle Debatte, nämlich die Frage, wer letztlich entscheiden darf, wann und wie wir sterben. 

Hintergrund ist die Aufhebung des §217 StGB im Februar 2020 durch das Bundesverfassungsgericht. Seither sind die rechtlichen Restriktionen für die freiwillige Hilfe bei freiverantwortlichen Suiziden annulliert worden, was bedeutet, dass man sich nicht mehr strafbar macht, wenn man (vorrangig todkranken) Menschen beim Suizid hilft. Die sich stellende Frage ist nun, wie weit man dies dehnen kann, wenn man die Klammer aufhebt.

 

ZUM INHALT

Im Mittelpunkt der Verhandlung vor dem Ethikrat steht der kerngesunde 78jährige Architekt Richard Gärtner, der eine tödliche Dosis an Natrium-Pentobarbitol beantragt, um sein Leben, das ihm seit dem Tod seiner Frau drei Jahre zuvor nicht mehr lebenswert erscheint, vorzeitig zu beenden. Es will mit seinem Antrag ein Exempel statuieren.

Schirach hat in seinem kleinen Theaterstück in zwei Akten die drei großen Instanzen zusammengebracht, die jeweils einen recht klaren Standpunkt zu dem brisanten Thema vertreten: Das Gesetz, die Medizin und die Kirche. 

Die Diskussion wird durch Sachverständige dieser Instanzen sowie den Ethikrat, Gärtners Anwalt und Freund sowie seine Ärztin angefacht und am Ende bleiben das große Fragezeichen und die bedeutungsschwangeren Pünktchen zurück, mit denen Schirach den Leser aus dem Stück entlässt und zum eigenen Denken anregt, wie es so typisch für ihn ist.

 

MEINE MEINUNG

Ich habe das Buch als Sachbuch mit Unterhaltungs- und Aufklärungswert empfunden und sehr aufmerksam und mit großem Interesse gelesen. Für mich war es eine echte Bereicherung.

Die drei Essays namhafter Wissenschaftler im Anhang ergänzen das kurzweilige Theaterstück zu einem gelungenen Sachbuch, das einem alles Wissenswerte zum aktuellen Stand beim Thema Suizidbeihilfe vermittelt, damit man sich selbst ein Urteil bilden und bei der öffentlichen Debatte mitreden kann.

Ich glaube, dass sich jeder Leser gut in die Situation des Antragstellers hineinversetzen kann und versteht, wo die Grauzone beginnt, die durch die Aufhebung von §217 StGB erneut entstanden ist. Wir müssen und alle fragen, wie es in absehbarer Zeit für uns selbst aussehen soll – subjektiv sieht die ganze Sache nämlich mitunter ganz anders aus!

 

FAZIT

Ein wirklich lesenswertes Buch zu einem hochbrisanten Thema unserer Zeit, das die Meinungsfindung erheblich erleichtert!