Rezension

Wer ist B. Traven?

Wer ist B. Traven? - Torsten Seifert

Wer ist B. Traven?
von Torsten Seifert

Bewertet mit 5 Sternen

Hollywood, Ende der 1940er Jahre. Leon Borenstein hat ein gutes Händchen für die großen Storys und weiß zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Er hofft auf eine Gehaltserhöhung als sein Chef ihn zum Gespräch bittet, stattdessen bekommt er einen ungeahnten Auftrag: Er soll die Identität von B. Traven aufdecken. Dessen Roman bricht in Europa gerade alle Rekorde und wird in Mexiko mit Humphrey Bogart verfilmt. Leon wird an das Filmset geschickt, um zu ermitteln. Doch mehr als die Vermutung, dass Hal Croves, ein beauftragter Vertreter Travens, der Autor selbst ist, kann er nicht in Erfahrung bringen. Eine Reise nach Wien scheint der Durchbruch zu sein, Traven hat seine Wurzeln im deutschsprachigen Raum, aber auch von dort kommt Leon mit leeren Händen zurück. Abermals macht er sich auf nach Mexiko und sein Gespür für Geschichten scheint ihm dieses Mal hold zu sein.

 

Torsten Seiferts Roman basiert auf der Legende des deutschen Schriftstellers, dessen echter Name, Geburtsdatum und weite Teile seines Lebens auch heute noch mysteriös sind. Bekannt hingegen sind seine Romane, allen voran Der Schatz der Sierra Madre, heute ein Klassiker des Westerns und mit drei Oscars und drei Golden Globes geehrt. Der Roman um den geheimnisvollen Autor wurde durch den Gewinn des Blogbuster Preises ermöglicht. Torsten Seifert konnte sich in der ersten Vergabe gegen 250 andere Nachwuchsautoren durchsetzen und hat einen Vertrag mit Klett-Cotta erhalten.  

 

Weshalb dieser Roman die Jury überzeugen konnte, ist nicht schwer nachzuvollziehen. Ein reales Mysterium, dem seit Jahrzehnten viele Journalisten nachforschen, ist ein reizvolles Thema. Der Protagonist Leon Borenstein ist ebenfalls ein Gewinn für die Geschichte: er ist hartnäckig und clever, wie es für seinen Berufsstand gehört, doch er zeigt auch Schwächen und Brüche, die jüdische Herkunft und die Flucht aus dem Nazideutschland bleiben nicht ohne Spuren. Seine größte Stärke ist jedoch sein Gespür für Menschen und die Fähigkeit, ins Gespräch zu kommen. Ein gänzlich durchdachter Charakter, dem man gerne folgt.

 

Die Handlung lebt nicht nur von der Jagd nach dem großen Geheimnis, ganz im Gegenteil, immer wieder verzögert der Autor das Fortschreiten und verlangsamt die Geschehnisse. Er lässt Leon und Bogart Schach spielen und das Dasein unter mexikanischer Sonne genießen. Dann plötzlich überschlagen sich die Ereignisse. Der schnelle und oft unerwartete Wechsel lässt die Handlung lebendig werden und das Zeitgefühl wirkt authentisch, ganz ähnlich wie im realen Leben, wenn sie mal stillzustehen scheint und dann wiederum fliegt.

 

Am stärksten waren für mich jedoch die Episoden mit den Mexikanern, vor allem im letzten Drittel des Buches. Auch wenn Leon ihre Sprache beherrscht, ihre Kultur ist ihm fremd und er muss erst in die Gepflogenheiten eingeführt werden. Auch hierfür hat Seifert sich kuriose, aber überzeugende Figuren ausgedacht, die beim Lesen eine herrliche Freude bereiten.

 

Ob die Lösung, die uns Seifert für den Hintergrund Travens liefert, nun stimmt, ist letztlich egal. In seinem Roman gibt es wichtigere Figuren und Geschehnisse und letztlich soll Fiktion unterhalten und nicht unbedingt Wahrheiten liefern. Und unterhaltsam ist die Suche nach B. Travens Identität allemal.