Rezension

Wer ist Paula?

STRAFE
von Paula Polanski Håkan Nesser

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Brief kommt überraschend, und er holt den Schriftsteller Max Schmeling aus seiner Komfortzone: einen Gefallen soll er ihm tun, seinem ehemaligen Schulkameraden Tibor Schittkowski, den er seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat und den er aus vielen Gründen auch nicht sonderlich gut leiden konnte. Dass er sich auf ein Spiel mit gefährlichem Einsatz einlässt, ist ihm da noch nicht klar. (Verlagsseite)
 

Nesser hat sich literarisch schon einmal eine Eskapade geleistet: Als er den Krimi „Kim Novak badete nie im See Genezareth“ und die Aufdeckung des Mörders ein Jahrzehnt später unter „Die Wahrheit über Kim Novak“ veröffentlichte. Es ist ihm also allerhand zuzutrauen. Wie auch dieses Buch beweist.

Zunächst beginnt es harmlos: Max Schmeling erhält Tibors Brief und besucht ihn. Der ehemalige Schulkollege übergibt ihm einen Art autobiographischen Bericht, der ihm, wenn er ihn beendet hat, sagt, was genau Tibors Bitte beinhaltet. Max fügt sich, vor allem, weil Tibor ihm während der gemeinsamen Schulzeit zweimal das Leben rettete, bzw. aus einer brenzligen Situation befreite.
Schmeling ist kein glücklicher Mann; nach zwei Ehen und einer unlängst gescheiterten Beziehung hat er eine Psychotherapie hinter sich, befindet sich aber wieder auf dem Weg nach oben und schreibt an einem neuen Buch.

Dem Typus des Max Schmeling begegnete man schon häufiger in Nessers Büchern, dem einsamen Philosophen / Schriftsteller mit seinen gescheiterten Beziehungen, verhaftet in Gedanken an die Vergangenheit und mit bangem Blick in die Zukunft. Auch der Verrat durch einen Freund wurde bereits öfter thematisiert. Und dennoch gelingt es dem Autor, aus alten Zutaten immer wieder etwas Neues zu kreieren und sich Überraschungen auszudenken, mit denen auch ein großer Fan, der alle seine Bücher gelesen hat, nicht rechnet.

Der erste Teil des Buches erscheint ganz klar: Max Schmeling liest Tibor Schittkowski. Wer die erzählende Person in Teil 2 ist, errät man schnell, und auch sie passt in die Handlung. Doch dann kommt das 23. Kapitel und an dessen Ende das Gefühl: Ich bin im falschen Film. Man liest noch mal, reibt sich die Augen … und gerät in den letzten Erzählstrang und eine Pointe, die ihresgleichen sucht.

Tja, und Paula Polanski? Eine weitere Kapriole des Autors?
Aber, wer weiß: Vielleicht sollte man sich Gedanken um Nesser machen. Zumal er im schwedischen Original nur als Übersetzer erscheint.