Rezension

Wer möchtest du wirklich sein?

Wenn ich die Augen schließe
von Ava Reed

Bewertet mit 5 Sternen

Nach einem schweren Autounfall kommt Norah im Krankenhaus wieder zu sich. Zunächst scheint es, dass sie trotz ihrer schweren Verletzung glimpflich davon gekommen ist, denn sie erinnert sich sofort an ihren besten Freund Sam. Doch als Sam sie besuchen kommt, wirkt er merkwürdig distanziert. Norah versteht die Welt nicht mehr, denn eigentlich glaubt sie, sich an alles erinnern zu können, doch irgendwie passt ihre Gefühlswelt nicht zu dem Verhalten um sie herum. Sie bittet Sam um Hilfe und gemeinsam beginnen sie, eine Liste zu erstellen und abzuarbeiten, durch die Norah ihren wahren Gefühlen auf die Spur kommen kann.

Meine Meinung

Wow, ich sitze hier vor meiner Rezension und ringe darum, die richtigen Worte zu finden, um dieses so großartige und unheimlich wichtige Buch zu beschreiben, das Ava Reed hier gezaubert hat.
Gleich vom ersten Augenblick an konnte sie mich an ihre Geschichte fesseln. Wir erleben den Einstieg in dem wir Norah kurz vor de Unfall auf eine Party begleiten. Schon da schafft es Ava Reed mich mit ihrem unglaublich weichen und sanften, dabei aber sehr jugendlichen Schreibstil einzufangen und mit auf die Reise zu nehmen. Sie versetzte mich geradezu in die eigene Teenagerzeit und dem, was man selbst erlebt hat. Dabei gibt es hier auf so vielen Seiten Sätze und Gedanken, die es sich lohnen würde, einzeln zu zitieren, doch natürlich möchte ich euch da nichts vorwegnehmen, denn es lohnt sich so sehr, dieses Buch zu lesen.
Ava Reed fesselte mich an ihre Geschichte, dadurch, dass sie ihre Charaktere unheimlich klar gezeichnet hat. Das, was Norah da erlebte, könnte so und zwar genau so, überall und jederzeit passieren. Mobbing und das, was es mit den Menschen macht, wird hier zunächst versteckt, dann immer deutlicher aufgezeigt. Die Gefühle, die man durchlebt, kann man hier am eigenen Leib nachempfinden und man entwickelt ganz viel Verständnis für die Protagonisten. Doch auch Norahs Standpunkt fand ich unheimlich gut aufgezeigt und dargestellt und auch wenn ihr Verhalten zunächst nicht allzu sympathisch wirkte, wurde sie doch zu etwas ganz besonderem.
Ava Reed lässt ihre Protagonisten Norah und Sam abwechselnd in der Ich-Perspektive erzählen. Dadurch kommt man beiden unheimlich nah und das, was sie erlebt haben und auch hier in dieser Geschichte erleben, lässt innehalten und nachdenklich werden. Der Gedanke daran, wer man wirklich sein möchte und als Erwachsener, ob dies einem wirklich gelungen ist, wurde hier absolut präsent. Sind die beliebten Menschen, in diesem Fall die Schüler, wirklich so erstrebenswert, um zu ihnen gehören zu wollen. Was ist oberflächlich? Was ist wirklich wichtig? Und ganz besonders: wie gehe ich mit den Menschen um mich herum um. Ist das alles so richtig, wie ich es mache?
Norah und Sam sind zwei unglaublich tief gezeichnete Charaktere, die nicht nur unheimlich schnell ans Herz wachsen und in die man sich intensiv versetzen kann. Sie waren beste Freunde, doch als Norah es schafft, sich mit dem Mädchen aus der In-Clique anzufreunden, beginnt sie sich zu verändern. Selbst ihren besten Freund Sam schenkt sie keine Beachtung mehr und verhindert auch nicht, dass er in den Fokus der beliebten Schüler gelangt und dadurch so einiges über sich ergehen lassen muss. Erst der Autounfall und dem Verlust ihrer Gefühlswelt lässt Norah innehalten und sich fragen, wer sie ist. Ich konnte Norah absolut verstehen, gerade auch, weil man selbst ähnliches erlebt hat.
Und Sam?! Oh, was habe ich mit ihm mitgefühlt und wie wundervoll ist Sam überhaupt. Gerade durch die Darstellung von Sam und dessen unheimlich lieben, gefühlvollen und empathischen Charakter verliebt man sich beim Lesen geradezu in ihn.
Doch nicht nur die Protagonisten, auch die Familien der beiden haben mir unheimlich gut gefallen und auch Norahs Clique fand ich mit ganz viel Gefühl gezeichnet. Denn Ava Reed zeigt nicht nur die Bosheit der Handlungen, sondern auch, was da wirklich hintersteckt und ja, gerade so ist es ganz oft.

Mein Fazit

Was für eine großartige, gefühlvolle und intensive Geschichte! Ich habe mich hier in der Geschichte wiedergefunden, habe meine eigene Teenagerzeit vor mir gesehen und konnte so unheimlich viel nachempfinden und nachvollziehen. Ava Reed ist es hier zu einhundert Prozent gelungen, zu fesseln und Gefühle zu transportieren. Ich lege diese Geschichte allen Jugendlichen ans Herz, die gerade selbst dabei sind, sich zu fragen, wer sie sind und wer sie sein wollen. Aber auch Erwachsene werden sich hier selbst wiederfinden können und darüber nachdenken, ob es ihnen gelungen ist, der zu sein, der sie werden wollten.