Rezension

Wer ohne Schuld ist werfe den ersten Stein ...

Ein gutes Mädchen - Jennifer DuBois

Ein gutes Mädchen
von Jennifer DuBois

Bewertet mit 5 Sternen

~~Klappentext
Die amerikanische Studentin Lily Hayes verbringt ein vorhersehbares und unaufgeregtes Auslandssemester in Argentinien, bis sie angeklagt wird, ihre Zimmergenossin brutal ermordet zu haben. Aus verschiedenen Perspektiven wird das Justizdrama um die schwierige Hauptfigur erzählt, die sich durch ihr unangepasstes Verhalten des Mordes verdächtigt macht. Nach und nach weicht die Frage, ob sie schuldig ist, einer Darstellung der zerstörerischen Macht öffentlicher Schuldzuweisungen. Ein Familiendrama und ein psychologischer Justiz-Thriller um eine schillernde Persönlichkeit.

Die Geschichte der Amanda Knox war Anstoß für dieses Buch. Wobei aber betont werden muss, dass in diesem Roman keinerlei Parallelen aufgezeichnet sind und dieser Roman eine eigene ganz andere Handlung hat. Persönlich habe ich nur am Rande von Amanda Knox und ihrem Verfahren gehört/ gesehen, daher hatte ich auch während dem lesen dieses Romans immer nur Lily und ihre Geschichte vor Augen.

Was mir besonders an diesem Buch gefallen hat, war die Tatsache, dass DuBois die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln von verschiedenen Personen dargestellt hat. Menschen die eine bestimmten Einfluss auf die Geschichte oder das Leben von Lily Hayes haben/ hatten.

Da sind einmal Lilys Eltern, Andrew und Maureen. Sie haben ihre erste Tochter im Säuglingsalter verloren und sind nie darüber hinweg gekommen. Trotzdem haben sie zwei weitere Kinder bekomme. Lily und Anna. Doch irgendwie konnten sie ihnen nicht die Liebe geben, die sie ihrer verstorbenen Tochter gegeben haben. Das hat beide Kinder geprägt.

Lily und Anna wachsen in einem behüteten Elternhaus auf. Vielleicht zu behütet, denn als Lily in Argentinien ist genießt sie die unbeobachtete Freiheit und macht das was ihr in den Sinn kommt. Sie ist auf der einen Seite noch so sehr Kind, macht Dinge wie ein Rad schlagen in einer Situation, die ihr später noch zum Verhängnis wird, ist unbedacht und ohne jegliche Bekümmertheit. Auf der anderen Seite möchte sie erwachsen sein, arbeitet in einem Pub, raucht, nimmt Drogen. Eine junge Frau, die dabei ist ihre Flügeln auszustrecken.

Sebastian, eine weitere tragische Figur in diesem Roman. Er lebt nach dem tödlichen Flugzeugabsturz seiner Eltern alleine in einer riesigen Villa. Alles ist dort sehr dunkel und spukie. Auch Sebastian macht auf den Leser diesen Eindruck, wobei ich denke, dass er ein sehr einsamer hochintelligenter junger Mann ist, der seine Unsicherheiten mit Sarkasmus überspielt. Sebastien liebt Lily und Lilly?

Dann gibt es da noch Katy, das Opfer. Sie lebt mit Lily bei den Gasteltern, den Carrizos. Katy ist mir irgendwie suspekt. Ich glaube nicht, dass sie dieses brave Mädchen ist, was alle von ihr glauben und sie es faustdick hinter den Ohren hat und somit bei weitem nicht das ach so liebe Mädchen ist, für das sie alle halten.

Eduardo, den Ermittler, empfinde ich als sehr hinterhältig. Nun ja vielleicht sind Ermittler das. Aber er hat in meinen Augen schon eine vorgefertigte Meinung ohne fertig mit den Ermittlungen zu sein. Für ihn ist Lily die Schuldige. Durch seine "Vorverurteilung" ist er in seinen Handlungen und Befragungen natürlich sehr eingeschränkt. Seine Befragungen gehen immer nur in diese eine Richtung.

Dieses Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite einfach nur gepackt. Die verschiedenen Blickwinkel, Aussagen und Sichtweisen auf die Geschichte um Lily prägen dieses Buch und eine Frage beschäftigt  … war sie es oder war sie es nicht …

Zwei Stellen aus dem Buch haben mich lange nicht losgelassen und ich möchte Euch meine Gedanken dazu noch mitteilen.

"Jedermann verbüßt lebenslange Freiheitstrafen: Man saß sie drinnen oder draußen ab, aber irgendwo saß man sie ab." (Seite 479)

Was für ein Satz ... wir alle sind Gefangene ... irgendwie  ... irgendwo ... sei es in unserer Unsicherheit ... unserem nicht vorhandenem Selbstbewusstsein ... unseren Ängsten ... unserer Schuld ... unserem Leben...

Und dann Lilys Zeilen an Sebastian:

(...) Ich habe es nicht getan, aber ich könnte es getan haben. (...)

Ja, sie hätte es tun können, weil sie dachte Katy und Sebastian hätten eine Affäre. Ja, sie hätte es tun können, weil sie vielleicht neidisch auf Katy und deren Leben/ Schönheit/ Sanftmut war ... und jetzt kommt es ... jeder hätte es tun können ... du, ich, der Nachbar ... es gibt immer einen "Grund" jemanden ermorden zu können, aber wir tun es nicht!

(...) Ich habe es nicht getan, aber ich hätte es tun können. (...)

Ja, sie hatte Möglichkeiten genug. Sie hätte es irgendwann ausüben können, es gab genügend Gelegenheiten und Gründe. Aber sie hat es nicht getan, weil sie wie du, ich oder irgendein Mensch nicht so etwas Furchtbares machen würde, nicht so kaltblütig sein kann.

(...) Ich habe es nicht getan, aber in einem anderen Leben habe ich es vielleicht getan. (...)

Hier sollte man ganz tief in sich hören ... steckt nicht in jedem "guten" Menschen auch etwas "Böses". Wir sind das was unsere Eltern, unsere Gene und unsere Umwelt aus uns machen. Wir kommen erst einmal als "gut" auf diese Welt. Aber Lebensumstände und Situationen könne aus einem "guten" Menschen einen "bösen" werden lassen...

WAHNSINN(!!!) was für ein Buch ... .. so sprachgewaltig, unvorhersehbar, erschütternd und philosophisch ♥♥♥ … es hat mich von der ersten bis zur letzten Seite einfach nur gepackt. Die verschiedenen Blickwinkel, Aussagen und Sichtweisen auf die Geschichte um Lily prägen dieses Buch und eine Frage beschäftigt  … war sie es oder war sie es nicht …

Chapeau Jennifer DuBois ♥