Rezension

Wer rumschleimt, gewinnt das Leben.

Das Buch vom Schleim - Susanne Wedlich

Das Buch vom Schleim
von Susanne Wedlich

Bewertet mit 4 Sternen

So ist das, im metaphorischen, wie auch im richtigen Leben.

Es sei denn, ich wäre beim Lesen des Buches doch kurzzeitig ins Koma gefallen und hätte da was missverstanden. Die blassgrünen Bildkollagen mit den schwer zuzuordnenden Kennziffern, die ebenfalls in Hellgrün auf Weiß erklärenden Bildunterschriften an den Anfängen der Kapitel, ließen, explizit im Lampenlicht, die Augenlider über der Schleimschicht des Apfels (Aug-) runtergleiten und schwer wieder hochfahren! Kleine eingeschobene Textpassagen und Kapitelüberschriften verschwanden fast von der Oberfläche, wie die glibbrigen Quallen zur Tarnung im Meer.

Die künstlerisch wertvolle Gestaltung dieses Naturkundenbuches aus dem Hause Matthes und Seitz setzt einen starken Willen beim Leser voraus, sich dem Thema "Schleim" nähern zu wollen. Hat dieser kaum fassbare Gegenstand einen großen Iiiiih-Faktor und schweren Stand in unseren Köpfen, so sind wir doch eher gewillt weg- anstatt hinzuschauen, die Flucht zu er- als das Gelee zu begreifen, als das, was es ist: lebenswichtig!

Das Buch nähert sich aus allen Richtungen seinem Thema, sowohl was die Köpfe der Film- und Buchbranche daraus hervorgebracht haben, die Physik des Schleims, seine Bedeutung in der Evolution, seiner Habitate (und ja, auch wir Menschen kommen nicht ohne aus), wofür er in unserer Umwelt zuständig ist, bis hinauf ins Weltall, dort eher als Gedankenmodell.

Ist der Kopf also nicht zwischendurch auf den Tisch geknallt und das Denkorgan gut im Schleim gebettet, erschließt sich so langsam eine faszinierende Welt voller Blobs, Glibberschichten und Schleimsphären, die nicht immer ekelig, aber meistens wirklich wichtig sind, damit es gut fluppt. Insbesondere die letzten Kapitel waren hochinteressant und ließen mich kritisch über so harmlos klingende Tätigkeiten, wie Betreten des Waldbodens (Querfeldeinfahrten mit dem Rad), Kärchern von Gehwegplatten, oder Einnahme von Antibiotika nachdenken.

Hört sich komisch an? Ist aber so! Ich wünschte nur, der Verlag hätte es mir optisch und finanziell leichter gemacht. So aber befürchte ich keine große Verbreitung der essentiellen Botschaften in diesem Buch.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 22. Juli 2020 um 17:20

Matthes und Seitz sage ich da nur. Immer mit Vorsicht zu genießen. Jetzt haben sie sich also dem Schleim ergeben.