Rezension

Wer war Alice im Wunderland?

Der Fall Alice im Wunderland - Guillermo Martínez

Der Fall Alice im Wunderland
von Guillermo Martinez

Bewertet mit 5 Sternen

Ein sehr interessanter und erfrischend very british gehaltener Kriminalroman. Mit Logik und Mathematik lösen Professor Arthur Seldom und sein Doktorand "G" einen neuen Fall der sich mit dem Autor Lewis Carroll beschäftigt. Mir hat es sehr gefallen.

Eine Sensation, wenn es denn stimmt. Angeblich ist eine Seite aus Lewis Carroll sein Tagebuch aufgetaucht! Eine Seite die damals von seinen 2 Cousinen entfernt wurde und man viel in der Lewis- Carroll- Bruderschaft über das Geheimnis philosophiert hat. Eine Studentin des Professors für Logik, Arthur Seldom, beschäftigt sich mit der geheimen Botschaft des Tagesbuchs. Doch dann geschieht ein Unfall der die Studentin töten sollte…und auch in der Bruderschaft beginnt eine Mordserie die nicht zu erklären ist…was hat Lewis Carroll auf der Tagebuchseite festgehalten?

„Ich hoffe, Sie verstehen jetzt, warum diese herausgetrennte Seite eine solche Anziehungskraft auf die Biografen ausgeübt hat, ja, gewissermaßen zu einem Prüfstein wurde. Auf ihr, und vielleicht nur dort, stand der entscheidende Beweis, das verhängnisvolle Ereignis, das explizite Eingeständnis einer kompromittierenden Handlung.“ (Seite 25)

„Der Fall Alice im Wunderland“ ist der zweite Band des Autors Guillermo Martínez. Den ersten Band hatte ich nicht gelesen weil er mich nicht wirklich angesprochen hat, hier ist der Titel schon sehr spannend.
Ich persönlich bin gut in die Geschichte gestartet und da dieses Buch in sich abschließend ist muss man den ersten Band, in meinen Augen, nicht gelesen haben.

Der Autor hat einen sehr ruhigen und interessanten aber leicht zu verstehenden Schreibstil. Gekonnt baut er einen Spannungsbogen auf der nicht überspannt wird, aber man als Leser neugierig bleibt und auf der Suche nach dem Täter, dem Warum und dem Geheimnis der Tagebuchseite durch die Seiten fliegt.

Der Professor und sein Doktorand, der hier nur „G“ genannt wird und von seiner Sicht aus auch die Geschichte erzählt wird, waren mir sehr sympathisch. Gerade der Professor Arthur Seldom war für mich very british, ich mochte das Kühle, hier und da ein Spritzer Humor, mit seiner Logik und durchschimmernden Leidenschaft die aber nie ausgeartet ist sondern immer eben british blieb. Was ich unglaublich toll und faszinierend finde – dass der Professor Zustände, Geschehnisse mit Logikformeln oder eben der Mathematik löst, erklärt oder ergänzt. Man muss also gerade hier etwas genauer lesen, aber kann nebenbei noch was lernen.

Die Bruderschaft beschäftigt sich ausschließlich mit Lewis Carroll, dem Autor von „Alice im Wunderland“. Hier erfährt man sehr viel Privates aus dem Umfeld des Autors. Ich persönlich bin jetzt kein großer Fan von „Alice im Wunderland“, allerdings muss ich Lewis Carroll zugestehen dass er viele Charaktere in seinem Buch  sehr düster, durchgeknallt und vielfältig dargestellt hat und sie alleine dadurch eine Faszination ausüben. Wer ein Fan des Autos oder von „Alice im Wunderland“ ist wird hier auf jeden Fall auf seine Kosten kommen.

Lewis Carroll wird sehr interessant und mit Fakten dargestellt. Aber auch Themen, die damaliger Zeit angesehen waren, erlaubt oder zugelassen, würden heute unter einem anderen Aspekt stehen und somit hat die Bruderschaft natürlich Angst bei den aktuellen Vorkommnissen, dass „ihr Autor“ und Leidenschaft in den Schmutz gezogen wird. Doch was würde die geheime Seite ans Licht bringen? Und wer in der Bruderschaft hat eigene Geheimnisse die nicht ans Licht kommen dürfen?

Durch den Unfall an der Studentin wird auch die Bruderschaft unruhig und Professor Arthur Seldom beginnt insgeheim zu ermitteln. Bis zum Ende hin ist man im Ungewissen was hier der rote Faden ist, was auf der Seite steht, welche Welten werden eventuell erschüttert? Ich persönlich muss sagen dass mir das Ende sehr gelungen erscheint, nicht superspektakulär, aber schlüssig, mit dem ein oder anderen Überraschungseffekt und doch aufgelöst.

Ein Buch welches die Bezeichnung Kriminalroman auf jeden Fall verdient hat, mal etwas Neues in Punkto „Ermittler“ und eben very british in der Umsetzung. Ich wurde  sehr gut unterhalten.