Rezension

Wichtige Aufarbeitun der deutschen Nachkriegszeit

Deutsches Haus - Annette Hess

Deutsches Haus
von Annette Hess

Bewertet mit 4 Sternen

Die Deutsche Nachkriegsgeschichte wurde lange nicht thematisiert - niemand der noch Lebenden setzte sich gerne damit auseinander, was für eine Schweigekultur sich nach 1945 entwickelt hatte. Das merkte man in den Jahren als die Nachkriegsgeneration langsam anfängt sich mit ihren Eltern auseinander zu setzen und unbequeme Fragen zu stellen. Die Auschwitzprozesse gehören zu denen, die tatsächlich nicht nur im Ausland viel Öffentlichkeit fanden. Fritz Bauer, damals der Generalstaatsanwalt von Hessen, setzte sich unermüdlich für den Prozess ein. Er zerbrach an seiner Arbeit für die Rechte der Opfer des Nationalsozialisten.

Das Fritz Bauer Institut in Frankfurt ist heute nicht nur für die historische Forschung über diese Prozesse zuständig, sondern auch sonst für die Beschäftigung jüdischer Geschichte. Die Autorin hat dort für ihren Roman recherchiert. Auch wenn sie vieles verdichtet hat und die Handlung, sowie der im Roman beschriebene Prozess fiktiv sind. Die Grundaussage und auch die Stimmung des Romans, die Frage, wer wie mit der Schuld umging. Grade in der Zeit der Prozesse. Ich finde der Autorin ist es sehr gut gelungen, die verschiedenen Blickwinkel einzufangen. Sowohl von Seiten Evas, die nach und nach immer mehr über die Wahrheit und das Schweigen in ihrer eigenen Familie herausfindet. Als auch von seiten der Zeugen, die im Prozess zu Wort kommen. Nicht so gelungen fand ich die Handlung um Evas Schwester Annegret, die etwas arg dramatisch geraten ist. Und auch die Geschichte des jungen Anwaltes David ist für meinen Geschmack nicht richtig in den Roman integriert worden. Rückblickend kann ich seinen Blickwinkel zwar verstehen,aber den Erzählstrang fand ich trotzdem nicht restlos überzeugend. Jürgen, Evas Verlobten stehe ich auch eher zwiespaltig gegenüber, sein Verhalten gegenüber Eva fand ich zwar zeitgemäß, aber ich gebe auch zu, ich hätte ihm gerne auch mal eine geklebt.

Für mich war vor allem das Schweigen, das nicht darüber sprechen, sehr gut dargestellt. Ich finde man bekommt durchaus eine Ahnung, wie es sein konnte, das darüber nicht gesprochen wurde. Wie aber auch der gegenseitige Schutz dadurch funktioniert hat. Eine Schweige und Verdrängungskultur.

Annette Hess schreibt für bekannte TV Produktionen, Sie hat die Drehbücher zu Kuhdamm 56 und 59 geschrieben und die Serie Weißensee erfunden. Man merkt das sie sich mit der Zeitgeschichte nach 1945 gut auskennt, sich die Menschen vorstellen kann, mit all ihren Gedanken und Gefühlen. Hi und da war es mir schon auch etwas zu dramatisch oder etwas zu sehr auf eine Art Happy End hingeschrieben. Aber das liegt hier vor allem an meinem persönlichen Geschmack.

Für mich hat es aber insgesamt gepasst und ich finde es wichtig, das nicht nur die Zeit des Nationalsozialismus, sondern auch der Umgang damit nach 1945 thematisiert wird. Denn die Täter lebten zum Teil weiter in Deutschland völlig unbehelligt. Fritz Bauer hatte selbst mit einem Justizapparat zu tun, der mit Menschen besetzt war, die allen Grund hatten seine Bemühungen zu unterbinden.