Rezension

Wichtige Botschaft, sehr berührend, aber oft zu vereinfacht

Onkel Toms Hütte - Harriet Beecher-Stowe

Onkel Toms Hütte
von Harriet Beecher-Stowe

Bewertet mit 4 Sternen

Eine wichtige Botschaft und ein sehr berührendes Buch, aber streckenweise viel zu einfach und schwarz-weiß dargestellt

Inhalt

Der Schwarze Tom lebt als Sklave auf der Farm der Shelbys, auf der es ihm vergleichsweise gut geht, denn Mr. Shelby ist ein gutherziger Mann, der im Gegensatz zu vielen anderen seine Sklaven menschlich behandelt.
Doch dann gerät Mr. Shelby in Geldnot und muss zwei seiner Sklaven verkaufen. Während die junge Mütter Eliza mit ihrem kleinen Sohn Harry, der einem Sklavenhändler in die Hände fallen soll, flieht, ergibt sich Tom seinem Schicksal, um seinem Herren keine Probleme zu bereiten.

Meinung

Harriet Beecher Stowe scheint in jedem Fall eine beeindruckende Frau gewesen zu sein. Sich als Frau im 19. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten politisch zu engagieren - und das nicht nur für die Frauenrechte sondern auch für die der Sklaven -, war alles andere als selbstverständlich und doch wühlte sie mit ihrem Buch "Onkel Toms Hütte" eine ganze Nation auf. Abraham Lincoln soll sie sogar als "kleine Frau, die den großen Krieg auslöste" (bezogen auf den amerikanischen Bürgerkrieg) bezeichnet haben.
Vor ihrem Engagement und dem Selbstbewusstsein, mit dem sie ihre Meinung publik machte, ziehe ich im übertragenen Sinne definitiv den Hut.

Beecher Stowe versteht es, geschickt die Zuneigung des Lesers so zu lenken, dass er mit den Sklaven leidet und so automatisch (was für uns heute selbstverständlich ist, für die damalige Bevölkerung nicht unbedingt) immer wieder entsetzt darüber ist, was Menschen anderen antun können.
Dies erreicht sie einerseits, in dem sie die "Guten" (also die meisten Sklaven so wie die Weißen, die ihnen helfen) absolut liebenswert und ihr Leid herzzerreißend beschreibt.
Im Kontrast dazu stehen die drastischen Beschreibungen von Gewalttaten und den Ansichten der Befürworter der Sklaverei, die Schwarze als wertlos, unehrlich und faul bezeichnen und wie Ware behandeln. Wer zuvor mit den Hauptfiguren (den Sklaven) mitgefühlt hat, kann hier gar nicht anders als mitzufühlen und sich auf ihre Seite zu stellen.
Die liebevollen Charakterzeichnungen eines Teils der Figuren sorgt auch dafür, dass einen das Buch emotional sehr berührt und man an einigen Stellen (zB der Verfolgung Elizas) richtig mitfiebert.

"Kaum war das Schiff festgemacht, kam eine schwarze Frau an Bord gelaufen und drängte sich durch die Menge. Als sie zu der Stelle kam, wo die Sklaven saßen, schrie sie auf und schlang ihre Arme um das Frachtgut mit der Bezeichnung "John, dreißig Jahre"."
- S. 78

Leider sorgt diese deutliche Aufteilung in Gut und Böse auch für eine gewisse Eintönigkeit und Einfachheit, die vermutlich auch der Grund sind, warum das Buch - obwohl nicht so konzipiert - meist als Kinderbuch betrachtet wird.
Es gibt entweder die guten Menschen - die Sklaven, die leiden und doch keiner Fliege was zu leide tun, und die Menschen, die ihnen helfen - und die abgrundtief bösen, brutalen und gewissenlosen Menschen, die Sklaven wie Tiere behandeln.
Bestimmte Schattierungen fehlen hier völlig, beispielsweise die Frage, wieso Mr. Shelby oder St. Clare angeblich so gute Menschen sind, obwohl sie doch Sklaven halten. Schön und gut, dass sie ihre Sklaven gut behandeln, aber wirklich menschenfreundlich wären sie, wenn sie sich gar keine hielten. Diese Problematik wird leider gar nicht im Buch thematisiert.

Auch ist das Ende das Buches zwar einerseits traurig, andererseits aber auch hoffnungslos und fast unrealistisch kitschig, was meiner Meinung nach etwas unpassend wirkt, wenn man bedenkt, dass das Buch auf eine wichtige Problematik aufmerksam machen und sicher ernstgenommen werden will.

Fazit

"Onkel Toms Hütte" ist in vielerlei Hinsicht ein beeindruckendes Buch. Es macht durch seine liebenswerten Charaktere und - im Kontrast dazu - das Leid, das sie erfahren, auf ein großes Problem aufmerksam bzw. liefert in der heutigen Zeit einen erschreckenden Einblick in die Zeit der Sklaverei. Dadurch bewegt es den Leser sehr und rührt teilweise zu Tränen.
In vielerlei Hinsicht stellt es die Verhältnisse jedoch auch viel zu vereinfacht dar, insbesondere bezogen auf moralische Fragen, und das Ende ist meiner Meinung nach viel zu kitschig.
Daher kann ich nur knapp 4 Sterne vergeben.