Rezension

Wichtiger Inhalt

Margos Töchter
von Cora Stephan

Bewertet mit 5 Sternen

Eins meiner Jahreshighlights 2016 war der Roman „Ab heute heiße ich Margo“.

Meine Rezension endete damals mit „Das Buch hätte gerne noch viel mehr als 600 Seiten haben können“. Vier Jahre später wurde dieser Wunsch ganz überraschend erfüllt. Ich war völlig begeistert, als ich gesehen habe, dass Cora Stephan einen Nachfolgeroman mit dem Titel „Margos Töchter“ verfasst hat.

Wie bereits der Titel verrät, befasst sich diese Fortsetzung mit den Nachfahren von Margo Seliger. Die Geschichte beginnt in den 60er Jahren, ein Jahrzehnt, dass viel zu selten in Romanen behandelt wird. Es war eine spannende Zeit für die Menschen. Alles schien möglich, gleichzeitig gab es neue Bedrohungen wie z. B. die Terroristen der RAF.

Wir befinden uns momentan mitten in einer weltweiten Gesundheits- und Wirtschaftskrise. „Margos Töchter“ führt dem Leser vor Augen, dass die Menschheit schon immer mit Krisen zu kämpfen hatte und diese irgendwie überstanden hat. Diese Erinnerung hat fast schon etwas tröstliches. Gleichzeitig ist es schockierend, wie lange Themen wie Waldsterben, Ausbeutung von Menschen und Schäden an unserem Planeten bereits bekannt sind und wie wenig sich in manchen Bereichen bis heute getan hat.

Dieser Roman ist ein wenig wie eine Geschichtsstunde. RAF, Tschernobyl, Raumfahrt, Stasi... um nur ein paar Themen zu nennen, die in die Handlung eingebunden wurden. Cora Stephan erzählt deutschen Geschichte ohne dabei langweilig oder trocken zu werden. Man kann sich aus diesem Buch wirklich einiges an Wissen mitnehmen. Sowohl über die Politik als auch über die Einstellungen der Menschen. Verpackt wurde alles in die Identitätssuche von Jana, Margos Enkeltochter. 2011 wird ihre Anfrage auf Einsicht in die Stasiakte ihrer Adoptivmutter Leonore bewilligt. Sie hofft, endlich Klarheit über deren Tod und auch über ihre leibliche Mutter zu finden.

Die Geschichte befasst sich zunächst schwerpunktmäßig mit Leonore, und begleitet diese von ihren Teenagerjahren bis zu ihrem Leben als Ehefrau und Mutter.

Das letzte Drittel legt den Fokus auf Clara, Janas biologische Mutter. Mit gerade einmal 13 Jahren wurde sie vom Ministerium für Staatssicherheit angeworben. Unfassbar, dass noch nicht einmal vor Kindern halt gemacht wurde.

Clara war mir mit ihrer Linientreue nicht wirklich sympathisch. Dennoch hatte ich großes Mitleid mit ihr. Sie wurde ihr ganzes Leben lang als vorbildliche Genossin geformt und war der DDR noch weit über die Wiedervereinigung hinaus treu ergeben. Viel zu spät erkennt sie, dass sie ihr privates Glück – ihr komplettes Leben – für einen Staat geopfert hat, der sie nur ausgenutzt hat.

„Margos Töchter“ ist ein fesselnder und lehrreicher Roman, dem ich jedem nahelegen kann. Er befasst sich mit der Vergangenheit Deutschlands und ist dabei gleichermaßen brandaktuell.

Das Cover hat mich übrigens an eine Zigarettenwerbung erinnert. Zum Glück wurde in dem Roman nicht so viel geraucht, wie man nach diesem Bild vermuten könnte.