Rezension

Wichtiges Thema...

Toxische Männlichkeit. Erkennen, reflektieren, verändern. Geschlechterrollen, Sexismus, Patriarchat, und Feminismus: Ein Buch über die Sozialisierung -

Toxische Männlichkeit. Erkennen, reflektieren, verändern. Geschlechterrollen, Sexismus, Patriarchat, und Feminismus: Ein Buch über die Sozialisierung
von Sebastian Tippe

Bewertet mit 3 Sternen

In der Theorie echt genial, aber bei der Umsetzung teilweise zu belehrend bzw. provokant.

Inhalt:
Toxische Männlichkeit“ beschreibt schädliche männliche Verhaltensweisen: sich über Leistung definieren, Grenzen ignorieren, Frauen abwerten oder Gewalt ausüben. Der Pädagoge, Dozent und Blogger Sebastian Tippe erklärt, wie sich toxische Männlichkeit auswirkt: wie Männer in Familie und Partnerschaft, am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Raum auftreten, wie sie mit ihrer Gesundheit, Sexualität und mit Aggressionen umgehen. Der Autor bietet einen umfassenden Überblick über die gesellschaftlichen Bereiche, in denen toxische Männlichkeit deutlich wird. Er gibt Anregungen, um eigene problematische Anteile zu hinterfragen und zu bearbeiten, Privilegien abzulegen und Frauen im Kampf um Gleichberechtigung zu unterstützen. Elf sehr persönliche Erfahrungsberichte geben einen Einblick in unterschiedliche Erfahrungen mit toxischer Männlichkeit. (© Edigo Verlag)

Meine Meinung:
Ich hörte von dem Titel und war neugierig, geradezu fasziniert. Als Frau hört man oft von „toxischer Männlichkeit“, aber oft wird man auch belächelt, denn „Mann ist einfach so“. Dem geht auch Sebastian Tippe auf die Spur, gut recherchiert und bemüht viele Aspekte des der giftigen Erziehung vorzubringen. 
Der Wille, eine Änderung zu bewirken ist definitiv da, nur leider ist die Umsetzung manchmal zu belehrend und provokant. 
Ich als Frau war zwar oft vom Inhalt geplättet und sprachlos, aber als Mann – noch dazu ein „toxischer Mann“ – würde mich wohl angegriffen fühlen und die Schotten dicht machen. 

Ich bin immer noch sprachlos über so viele Dinge. Über die Erfahrungsberichte am Ende des Buches, über die knallharten Fakten, welche Sebastian Tippe im Bezug auf Prostitution und Pornos aufgelistet hat (inklusive Ausschnitte von Interviews, Erfahrungsberichte und Umfragen) oder die Erklärung, was toxische Männlichkeit überhaupt ist und wo sie stattfindet. 

Eines muss ich Sebastian Tippe lassen, er hat gut recherchiert und sich wirklich bemüht viele Fakten aufzuzählen. Das Buch habe ich gleichermaßen mit Interesse, wie mit Abscheu gelesen, denn hier ist gebündelt, wie Frauen schlecht behandelt werden. 

Und doch. Es gibt einen Punkt, den ich so gar nicht nachvollziehen bzw. akzeptieren will ist die Darstellung, dass Frauen IMMER Opfer sind und Männer IMMER die Täter. Denn ich weigere mich, mich selbst als Opfer zu sehen. Ja, ich könnte ein Opfer werden, aber das bedeutet nicht, dass ich eines bin, nur weil ich eine Frau bin. Und auch wenn toxische Männlichkeit weit verbreitet ist, weigere ich mich zu glauben, dass ALLE Männer Täter sind. 

Mir fehlte leider manchmal die „auf Augenhöhe miteinander reden“. Es werden zwar Themen erwähnt, wie man etwas ändern könnte, aber da fehlen mir die konkreten Beispiele, jedenfalls bei den „erwachsenen“ Männern. Die Vorschläge zur Jugendprävention fand ich große Klasse und hoffe, dass sie großflächiger so umgesetzt werden. 

Wir würden schon in einer besseren Welt leben, wenn Männer zumindest 10% der erwähnten toxischen Verhaltensweisen ablegen würden bzw. diese Bewusst werden und EINSEHEN würden, dass da was gehörig falsch läuft. Doch aktuell bleibt das alles Wunschdenken, denn eine so einprägende Erziehung ist nicht in ein paar Wochen weg. Zudem kommt noch, dass religiöse Einflüsse die Freiheiten der Frauen noch weiter denunzieren, aber das ist ein anderes Thema. 

Fazit:
Grundsätzlich ist TOXISCHE MÄNNLICHKEIT ein interessantes Buch, welches schockiert, aufklärt und mit vielen Fakten aufwartet. Als Frau war ich vom Inhalt mehr als abgestoßen oder schockiert. Doch ob Männer auf die Belehrungen und Provokationen so gut reagieren, kann ich nicht beurteilen. Für mich ist das Buch TOXISCHE MÄNNLICHKEIT ein Schritt in die richtige Richtung, es drückt den Finger auf die Wunde und tut weh, aber es lässt mich auch zwiegespalten zurück, sodass ich dem Buch 3 von 5 Federn gebe. Ein guter Ansatz, aber in meinen Augen nicht für die eigentliche Zielgruppe geeignet.