Rezension

Widerstandskämpferin mit Herz

Die Wagemutige -

Die Wagemutige
von Caroline Bernard

Bewertet mit 5 Sternen

Eine beeindruckende Frau, von deren Mut und Nächstenliebe wir uns alle noch eine Scheibe abschneiden können

Einen Schritt nach dem anderen. Das ist Lisas Lebensmotto und von diesem Satz getragen, den ihr einst ihr Vater zugeflüstert hat, lässt sie sich auch in den schwersten Zeiten nicht unterkriegen.
Lisa ist eine bemerkenswerte junge Frau, die wir im Jahr 1940 in Frankreich kennenlernen. Mitten im Krieg und auch schon davor hat Lisa einiges an Fluchten und Entbehrungen aufnehmen müssen, denn sie ist im Widerstand. Und neben der Übergabe von Dokumenten, die die Deutschen belasten, neben dem Schmuggel von Materialien, hat sie sich ebenso der Rettung von politisch Verfolgten verschrieben. Sie bringt sie über Grenzen und aus der Gefahr. Doch für diesen Widerstand muss sie aus Deutschland fliehen und findet sich nach verschiedenen weiteren Ländern in Frankreich wieder, wo sie mit ihren Eltern in Paris lebt. Doch als auch dort die ausgebürgerten Deutschen in Lager gesteckt werden, beginnt eine Odyssee, auf der wir Lisa im Verlauf des Romans begleiten.
Lisa ist eine mutige und tapfere Frau, die man irgendwie schon ab Seite eins ins Herz schließt. Sie ist nicht hart oder verbittert, wie ich es von einer Widerstandskämpferin erwartet hätte. Vielmehr ist sie weich und hat ein goldenes Herz, was sie auch in dem Lager Gurs zu einer Anlaufstelle für viele Frauen macht, die sie um Rat bei ihren Sorgen und Nöten fragen. Nicht nur einmal merkt man Lisa an, wie sehr sie das Schicksal der anderen neben ihren eigenen Problemen belastet, denn sie nimmt ehrlich Anteil. Sie selbst vermisst nicht nur ihre Eltern, sondern auch ihren Freund Hans und sorgt sich, wo sich wohl ihre Liebsten befinden. Diese Sorgen spornen sie an und machen ihr Mut ihr Schicksal in die Hand zu nehmen, sodass sie letztendlich mit der Hilfe ihrer Freundin Paulette einen Ausweg findet.
Die beiden Frauen schlagen sich durch halb Frankreich und kommen letztendlich in Marseille an, wo sich später auch ihre Wege trennen, denn Paulette und Lisa finden jeweils ihren eigenen Weg, wie sie Widerstand ausüben wollen. Während Lisa sich auch in Marseille immer wieder um andere kümmert und letztendlich zum Fluchthelfer für viele verfolgte Menschen wird, muss sie sich entscheiden: Ein Leben weiterhin im Widerstand und jeden Tag in Angst oder eine Flucht nach Amerika, mit einer bürgerlichen Liebe und einem beschaulichen, familiären Leben.
Man kann Lisa in dieser Situation so gut verstehen: Sie hat ihre Ideale und gleichzeitig aber auch den Wunsch nach Liebe und Normalität. Sie ist wirklich authentisch beschrieben und man spürt ihre Zerrissenheit. Diese beiden Extremseiten ihrer Wünsche sind wie Hans und der Amerikaner Louis. Mit Hans verbinden sie ihre Ideale, mit Louis das Emotionale, die großen Gefühle und der Wunsch nach einer normalen Familie. Die beiden Männer könnten gegensätzlicher nicht sein und selbst als Leser favorisiert man in der einen Situation den einen Mann und in der nächsten den anderen.
Der Roman ist mitreißend geschrieben und man will ihn gar nicht mehr aus der Hand legen, weil man wenig bis gar keine Wendungen voraussehen kann. Auch die geschichtlichen Hintergründe werden so im Vorbeigehen mitgeliefert, sodass man noch einiges dazu lernt.
Besonders gut hat mir auch das Nachwort der Autorin gefallen, was Aufschluss darüber gibt, welche Details der Geschichte fiktiv und welche real waren. In Summe ist Lisa Fittko eine bemerkenswerte Frau, von der ich gerne gelesen habe und deren Geschichte ich unbedingt weiterempfehlen muss.